Mönchengladbach Der gefühlte Sternekoch aus der Großküche

Mönchengladbach · Planen, Einkaufen, Budgetieren – und Kochen: Hermann-Josef Dengler managt im Prinzip ein mittelständisches Unternehmen. Der 50-Jährige leitet das 16-köpfige Team in der Kantine der Santander Consumer Bank.

 Hermann-Josef Dengler (50) ist der Küchenleiter des Mitarbeiterrestaurants bei Santander. Seit 19 Jahren ist er bei der Bank bzw. deren Vorläufern.

Hermann-Josef Dengler (50) ist der Küchenleiter des Mitarbeiterrestaurants bei Santander. Seit 19 Jahren ist er bei der Bank bzw. deren Vorläufern.

Foto: Raupold

Planen, Einkaufen, Budgetieren — und Kochen: Hermann-Josef Dengler managt im Prinzip ein mittelständisches Unternehmen. Der 50-Jährige leitet das 16-köpfige Team in der Kantine der Santander Consumer Bank.

Ein Gerücht hält sich hartnäckig auf den Fluren der Santander Consumer Bank: Küchenchef Hermann-Josef Dengler habe mal einen Stern gehabt. Das stimmt zwar nicht ganz. "Bestenfalls war ich mal Sterne-Beschaffer", sagt der 50-Jährige und lacht — ein schweizerisches Gourmetrestaurant, in dem er einst arbeitete, wurde kurz nach seinem Ausscheiden mit der Auszeichnung des Guide Michelin bedacht. Er selbst wechselte bereits mit 31 Jahren zur AKB-Bank, die 2001 von Santander übernommen wurde — der Weg zu gastronomischen Weihen war ihm somit versperrt. Doch die Bankmitarbeiter und Besucher gleichermaßen merken schon beim ersten Bissen, dass der Mann in der Kantinen-Großküche mehr zustande bringt als mancher Restaurantkoch. "Man merkt beim Essen sofort, ob der Koch Spaß an der Sache hat oder eben nicht", sagt Dengler.

Und er sagt auch: "Ich lebe vom Team." Jede Spülkraft sei so wichtig wie der Koch — weil sonst die Abläufe durcheinandergeraten. Und die sind in einer 16-köpfigen Großküche, in der täglich zwischen 950 und 1150 Essen just-in-time zubereitet werden, das A und O. Dengler koordiniert im Prinzip ein kleines mittelständisches Unternehmen — vom Zusammenstellen des Speiseplans zwei Wochen im Voraus über die Einkaufslogistik und das Budgetieren bis hin zum, nun ja, Kochen. Über das wiederum sagt Dengler: "Kochen ist super einfach — solange man die Grundlagen kennt." Die hat der dreifache Vater, der aus dem Hunsrück stammt, von der Pike auf gelernt. Mit 14 begann er die Lehre, arbeitete später in 17 verschiedenen Restaurants — auf Sylt, in Berlin, in Österreich, im "Bayerischen Hof" in München. Als seine Wanderjahre vorüber waren, holte er zunächst an der Abendrealschule die Mittlere Reife, dann das Abitur nach, studierte dann. Drei Jahre lang kochte er gar nicht mehr, bis er studienbegleitend in den Kantinenbereich rutschte. Und dort ist er bis heute geblieben. Ebenso wie sein Wohnort Köln geblieben ist. Das sorgt dafür, dass sein Arbeitstag fast mehr dem eines Bäckers ähnelt als dem eines Kochs — wer um 6 Uhr anfängt und vorher noch 70 Kilometer herunterreißen muss, steht entsprechend früh auf.

Die zwei Geheimnisse von Denglers schmackhaften Kreationen: erstens seine Leidenschaft fürs Kochen. "Eines meiner Hobbys ist es, Rezepte zu lesen", sagt der 50-Jährige etwa. Was er nicht kenne, probiere er eben aus. Und so verkocht er im Schwedenurlaub Flechten, gewöhnt seine Kollegen in der Bank an das Zimt im Moussaka und widerlegt mit Vorliebe das Vorurteil, dass Kantinenessen zwangsläufig dick mache. Und zweitens: seine Freude daran, den Kollegen eine Dienstleistung zu bieten. "In keinem anderen Beruf hat man so schnell eine Rückmeldung auf seine Arbeit wie beim Kochen", sagt Dengler.

Die bringt bei einer spanischen Bank in Deutschland so einige Besonderheiten mit sich. "Die Deutschen und die Spanier haben unterschiedliche kulturelle Eigenheiten — aber darin sind sie gleichermaßen verankert", hat er festgestellt. So seien die Spanier etwa nicht an Soßen gewöhnt. "Aber nach einem halben Jahr haben sie sich angepasst und wollen nicht mehr darauf verzichten", sagt Dengler und lacht. Allerdings seien der Kreativität in einer Kantine — die bei Santander, angesichts von alleine 30 verschiedenen Positionen an der Salatbar, nicht zufällig "Mitarbeiterrestaurant" heißt — auch gewisse Grenzen gesetzt. Man dürfe es nicht zu bunt treiben. "Landes-Aktionen nutzen sich schnell ab", hat er festgestellt. Und: "Am Ende laufen doch die Klassiker wie Currywurst am besten." Trotzdem gibt es aber eben auch die ganze gebratene Dorade, direkt von der Frischfischtheke.

Gibt es für einen, der es schafft, 300 Rumpsteaks nahezu gleichzeitig auf den Punkt zubereitet zu bekommen, eigentlich etwas, was er nicht so gut kann? Dengler überlegt kurz. "Sushi", sagt er dann. "Aber auch das ist letztlich Übungssache." Und wäre es nicht doch mal ein Traum, ein eigenes Restaurant zu leiten? "Doch", sagt Dengler. "Aber ich habe einfach nie eine Lebensgefährtin gehabt, die auch aus der Gastronomie kommt. Und damit steht und fällt das Ganze." Die Santander-Mitarbeiter dürften das gerne hören.

(RP)
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