Serie Was Macht Eigentlich? Der "Herr der Kinos" plant neuen Glaspalast

Mönchengladbach · Vor einem Jahr hat Hans-Jürgen Brandtner sein Comet Cine Center in Gladbach verpachtet. Nun, mit fast 68, plant er Neues: den nächsten Großkomplex in Rheydt mit sechs Kinos. "Ideen habe ich noch genug", sagt der Mann, der die Kinowelt hier seit 30 Jahren geprägt hat.

 2013: Hans-Jürgen Brandtner hat das Haus Zoar zu einer besonderen Begegnungsstätte umgebaut, mit Veranstaltungsräumen und einem "Superkino" mit 140 Plätzen, modernster Technik bei viel Wohlfühlatmosphäre.

2013: Hans-Jürgen Brandtner hat das Haus Zoar zu einer besonderen Begegnungsstätte umgebaut, mit Veranstaltungsräumen und einem "Superkino" mit 140 Plätzen, modernster Technik bei viel Wohlfühlatmosphäre.

Foto: Ilgner

Mit 14 Jahren war Hans-Jürgen Brandtner zum ersten Mal im Kino. Nicht nur der Film "Der Schatz im Silbersee" mit Winnetou und Old Shatterhand hat ihn fasziniert. "Ich wollte wissen, wie die Bilder auf die Leinwand kamen, wie die Technik funktioniert", erzählt der 67-Jährige. Aus dem Jungen, im Sauerland geboren und in Oberhausen aufgewachsen, wurde der Mann, der mehr als drei Jahrzehnte die Kinowelt in Mönchengladbach bestimmt hat - und nun an einem neuen Projekt arbeitet: einem Großkino für Rheydt, wo es seit einem halben Jahr kein Lichtspieltheater mehr gibt.

"Ideen habe ich immer noch genug. Wenn die ausbleiben, dann höre ich wirklich auf" sagt Brandtner. Am 1. Januar 2016 hat er schon einmal "aufgehört": Er verpachtete sein Comet Cine Center mit sieben Kinosälen direkt am Rand der Gladbacher Altstadt an Frank Janssen aus Kempen. Dazu auch gegenüber das "Haus Zoar" am Kapuzinerplatz. Das hat er 2010 von der evangelischen Kirchengemeinde gekauft, umgebaut und Ende 2013 als eine besondere Begegnungsstätte umgebaut: mit Veranstaltungsräumen und einem "Superkino" mit 140 Plätzen im Untergeschoss, modernster Technik bei sehr viel Wohlfühlatmosphäre.

 Kinotechnik 1992: Brandtner zeigt das Einlegen der Filmrolle.

Kinotechnik 1992: Brandtner zeigt das Einlegen der Filmrolle.

Foto: Strücken

Brandtner hat als junger Mann Kinotechnik beim damals führenden Philips-Konzern und bei der Telekom gelernt, danach beim Düsseldorfer Filmvertrieb Kinoton Hunderte Kinos beraten. Und als sich einer partout nicht überzeugen ließ, da hat er sich gesagt: "Dann mache ich es eben selber."

Aus dem Jungen, der sich bei Winnetou infiziert hat, ist ein Cineast durch und durch geworden. "Es gibt Tage, da schließe ich mitten in der Nacht einen Kinosaal auf und genieße, ganz alleine, einen neuen Film", sagt er. Und dann gibt es Filme, die hat er sich ein dutzend Mal oder noch öfter angesehen. "Blues Brothers", die amerikanische Komödie von 1980, etwa fast drei dutzend Mal.

 Das Comet Cine Center direkt am Rand der Altstadt: ein Anziehungspunkt nicht nur für Mönchengladbacher.

Das Comet Cine Center direkt am Rand der Altstadt: ein Anziehungspunkt nicht nur für Mönchengladbacher.

Foto: Detlef Ilgner

Einer wie er kann einfach nicht vom Kino lassen. So war sein "Aufhören" vor zwei Jahren auch nur als kreative Pause gedacht: "Wenn man so lange dabei ist, dann muss man einfach mal etwas anderes machen. Sonst wird man betriebsblind." Er hat in den zwei Jahren seinen "Horizont erweitert", ist in andere Städte gefahren, hat sich neue Kinos angesehen, Anregungen gesammelt. Und dann etwas Neues zu planen begonnen - für Mönchengladbach.

Vor ein paar Tagen hat er sich mit den Verantwortlichen für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung zusammengesetzt und vorgelegt, was aus seinen Ideen mit dem auf den Bildschirmen der Architekten und Stadtplaner Schmitges und Sillmanns entstandenen Modell geworden ist. Comet Cine Factory lautet der Titel für ein neues Großkino, das in Nähe der Hochschule Niederrhein bei der "Stadtgrenze" zwischen Gladbach und Rheydt entstehen soll. Ein "Glaspalast" wie schon das Comet Cine Center, das 1989 bei der Eröffnung nicht nur architektonisch Maßstäbe setzte und "Perfektion" versprach. Sechs Kinosäle soll die Comet Cine Factory haben, mit neuester Technik natürlich. Und einer großen Multifunktionsfläche zwischen den Geschossen.

Für Hans-Jürgen Brandtner wäre die Verwirklichung das Erreichens des Ziels, das er sich vor zwölf Jahren bei der Schließung des Atlantis ("Es gab immer wieder Probleme wegen des Vertrags mit dem Eigentümer") gesetzt hat: irgendwann die Rückkehr nach Rheydt. Dort hat er 1984 sein erstes Kino in dieser Stadt gepachtet: eben dieses Atlantis an der Ecke Gracht und Limitenstraße. "Ich hatte bereits einige Häuser: meine erste Station in Arnsberg, das Grefi-Kinocenter im Grevenbroicher Montanushof und ein paar andere. Ich musste mich langsam entscheiden, ob ich meinen Job bei Kinoton in Düsseldorf behalten oder ganz als Lichtspielbetreiber arbeiten wollte", erzählt er. Er wählte die zweite Option.

Das Atlantis wurde 1984 sein Einstieg in die Karriere als "Großbetreiber" am Niederrhein und als Monopolist in Mönchengladbach. "Herr der Kinos" wurde er genannt: Er betrieb 2002 alle 14 Häuser in dieser Stadt, in der der Markt seit Jahren rückläufig war. 17 Kinos hatte es Anfang der 60er Jahre in Alt-Gladbach gegeben, elf in Rheydt. Mittelpunkt war damals das Gebiet rund um den Gladbacher Hauptbahnhof: mit Großem und Kleinem Union-Theater, Lichtburg, Bambi und Palette am Platz des heutigen Vitus-Centers, dazu Lux-Kino, Schauburg, Residenz, Savoy, Filmcasino oder Capitol in nicht viel mehr als 500 Metern Umkreis. Dann die drei Reginas am Alten Markt und das Filmstudio kurz dahinter und das Titania in Hardterbroich. In Rheydts Innenstadt gab es das Atlantis, das Universum im Bahnhof mit bis zu drei Sälen, ganz in der Nähe Odeon, Filmstudio, Movie, Cinema und Metropol. Wobei diese Aufzählungen womöglich nicht ganz vollständig sind und noch Häuser außerhalb der Zentren Alt-Gladbachs und Rheydts hinzukamen: in Odenkirchen, Giesenkirchen, Wickrath und Rheindahlen zum Beispiel.

Seit Mitte vergangenen Jahres, als das Atlantis zumachte, gibt es in der ganzen Stadt nur noch zwei Kinos: das große Comet Cine Center und das kleine Haus Zoar, insgesamt acht Säle. Wobei Brandtners Plan, das Comet Cine Center um vier Säle zu erweitern, 2006 gescheitert ist: Weil Bäume hätten gefällt werden müssen, die unter Naturschutz stehen.

Seine Zuversicht, dass Kino immer noch Zukunft hat, wurde 2015 bestätigt: Es war das erfolgreichste Jahr in der Geschichte. "Man muss auf das eingehen, was Besucher heute erwarten, in puncto Ton und Bild, Sitzkomfort, Erreichbarkeit. Mit dem Comet Cine Center haben wir einen nahezu perfekten Standort: Mitten im Geschehen, genügend Parkhäuser drumherum, die Altstadt vor der Tür. Denn Kino ist heute für viele nicht mehr nur ein kurzer Besuch, sondern so etwas wie eine Art kleines Event: vorher vielleicht etwas essen, dann den Film schauen, dabei etwas trinken und anschließend womöglich noch ein Altstadtbummel. Und das gilt nicht nur für das junge Publikum, sondern auch für das mittelalte bis ältere, das einen Großteil unserer Besucher ausmacht."

(RP)
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