Mönchengladbach Der Schlagloch-Fahnder

Mönchengladbach · Der harte Winter setzt den Straßen in Mönchengladbach zu. Durch Schnee und Eis bilden sich tiefe Risse in Fahrbahndecken und Pflastern, die sich schnell zu Schlaglöchern auswachsen. Jürgen Harings fahndet als Straßenbegeher nach den Stolperfallen des Winters.

Als hätte jemand eine Bowlingkugel vom Himmel plumpsen lassen, sieht der kleine Krater aus, der auf der Lürriper Straße die Fahrbahn verschandelt. "Wenn das Tauwasser in die feinen Risse der Asphaltschichten fließt, dort gefriert und dann ein paar schwere Laster über die Stelle brettern, sieht das so aus", erklärt Jürgen Harings, während er mit langen Schritten die Straße weiter abgeht.

Man braucht gute Kondition und festes Schuhwerk, um bei seiner Geschwindigkeit mithalten zu können. Und obwohl man selbst also nur läuft und versucht, auf den teilweise spiegelglatten Gehwegen nicht auszurutschen, scannt Harings unterdessen, praktisch im Vorübergehen, seine Umgebung ganz genau ab.

Neben den Asphaltschäden konzentriert er sich auch auf Laternen, Verkehrsschilder, eigentlich also alles, was mit der Sicherheit im Straßenverkehr zutun hat. "Diesen Blick verinnerlicht man. Ich glaube, ich werde nie wieder eine Straße entlang spazieren können, ohne sie auf Schäden abzusuchen", erklärt der Straßenbegeher und lacht.

Der Blick, der ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist, sei Grundvoraussetzung für seinen Job. Täglich legen er und seine neun Kollegen zusammen etwa 180 Kilometer zurück. Dieses Pensum ist nötig, weil Mönchengladbach mit rund 950 Kilometern Straßen und 450 Kilometern Wirtschaftswegen über ein, im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl, großes Verkehrsnetz verfügt. Die Stadt ist deshalb unterteilt in acht Begehungsbezirke, von denen Harings und seine Kollegen für jeweils einen zuständig sind. Die anderen Straßenbegeher laufen Wirtschafts- und Feldwege ab.

Je nach Befahrenheits-Grad der Straße kommt jede Woche, alle vierzehn Tage oder einmal im Monat ein Fahrbahn-Fahnder vorbei und schaut nach dem Rechten. Findet er ein Schlagloch, hilft die neue Technik, die seit 2006 im Einsatz ist, dabei, die Stelle exakt zu bestimmen. "Wir tragen Straße, Hausnummer, Schadensfläche und das benötigte Flickmaterial in unsere Minicomputer und spielen die Daten abends nach der Schicht in die Straßendatenbank ein.

Die Kollegen von der Flickkolonne wissen dann genau, wo sie hin müssen", so Harings. Je nach Gefahrenklasse — ob eins (muss sofort behoben werden) oder zwei (hat ein paar Tage Zeit) — werden die Löcher dann aufgefüllt. Bis zur nächsten Begehung muss der Krater aber auf jeden Fall geglättet sein. Momentan geht das wegen der Witterung nur auf Kaltasphaltbasis. "Das ist eine provisorische Lösung.

Erst wenn die Temperaturen wieder dauerhaft bei mindestens fünf Grad liegen, können wir erneut ausrücken und die Schäden mit Heißasphalt beheben", erklärt Olaf Neef, Leiter der Abteilung Straßenunterhaltung.

Jürgen Harings besieht mittlerweile mit geschultem Blick das nächste Schlagloch. Verhältnismäßig klein sieht es aus. Eher Kegelkugelgröße. "Ist auch keine Gefahrenklasse eins, muss aber trotzdem aufgefüllt werden", sagt der Fachmann, während er, ohne noch einmal hinschauen zu müssen, die nötigen Informationen ins digitale Formular einträgt. Diese Routine spiegelt sich auch in seinen Begegnungen wider.

Während der sechsstündigen Rundgänge trifft er täglich auf bekannte Gesichter, erzählt Harings. Und dass man sich nach den zehn Jahren, die er mittlerweile die Neuwerker und Lürriper Straßen ablaufe, eben kenne. Unfreundlich sei eigentlich niemand zu ihm. "Die Leute wissen ja, dass wir alles tun, um die Straßen vor ihren Häusern in Schuss zu halten."

Zur "heißen Phase" in diesem Job zählen zwar grundsätzlich die Wintermonate, richtig sichtbar wird das Ausmaß der kalten Tage aber erst, wenn der Schnee geschmolzen ist. Dann streift Jürgen Harings wieder schnellen Schrittes durch die Straßen. Seinem Blick wird kein Schlagloch entgehen.

(RP)
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