Mönchengladbach Die Altstadtkneipe "Krümel" wird im Mai 30 Jahre alt

Mönchengladbach · Wirt Armin Nicolai wollte eigentlich nach Amerika auswandern, doch nach einem Zwischenstopp in Saint-Tropez landete er in Mönchengladbach - auch wegen der Borussia.

 Wirt Armin Nicolai mit Lebensgefährtin Ilona Schiwy: Die Kneipe "Krümel" existiert seit Mitte der 80er und lockt heute noch Rockfans auf die Waldhausener Straße. Im Hintergrund: Vater Tod, den Nicolai einst ersteigerte.

Wirt Armin Nicolai mit Lebensgefährtin Ilona Schiwy: Die Kneipe "Krümel" existiert seit Mitte der 80er und lockt heute noch Rockfans auf die Waldhausener Straße. Im Hintergrund: Vater Tod, den Nicolai einst ersteigerte.

Foto: Raupold

"Im Vergleich zu Düsseldorf hat Gladbach die schönere Altstadt", sagte ein Gast aus der Landeshauptstadt einst dem Kneipier Armin Nicolai. Nicolai erlebte hautnah mit, wie die Gladbacher Altstadt in den 80- und 90er Jahren an so manchem Wochenende aus allen Nähten platzte. Wie Hinterhöfe und Garagen zu Kneipen wurden, und dann wieder verschwanden. Damals kamen Menschen aus dem Kreis Heinsberg, Krefeld, Duisburg und Düsseldorf in die Vitusstadt, um zu feiern. Diese Zeit ist vergangen, Nicolai hingegen geblieben.

 Nachdem die Borussen-Raute einmal gestohlen wurde, hängt sie nun bombenfest am Lokal.

Nachdem die Borussen-Raute einmal gestohlen wurde, hängt sie nun bombenfest am Lokal.

Foto: AN

Im Mai kümmert er sich seit 30 Jahren im Lokal an der Waldhausener Straße 44 um das Wohl seiner Gäste. Der gebürtige Hesse, nahe Frankfurt geboren, verbrachte während seiner Jugend in Nürnberg auch zwei Jahre in Mönchengladbach, ehe sein Vater berufsbedingt ins Frankenland versetzt wurde. Als der gelernte Koch nach seiner Ausbildung häufig in Kneipen und Bars verkehrte, kam es mit seinen Eltern zum Streit. Gekränkt entschied er sich, gemeinsam mit einem Freund nach Amerika auszureisen. Doch dieser Plan ging nicht auf: "Daraufhin sind wir nach Saint-Tropez gegangen, wo ich ein dreiviertel Jahr als Küchen-Aushilfe gearbeitet habe. Da mein Freund dort jedoch keine berufliche Perspektive fand, entschied ich mich, nach Mönchengladbach zu gehen."

Angezogen hatte ihn nicht zuletzt seine Liebe zur Borussia. "Ich habe die goldenen Zeiten in den Siebzigern hautnah miterlebt und die legendären Spiele, wie das 12:0 gegen Dortmund oder das 7:1 gegen Inter Mailand im Stadion gesehen. Mich faszinierten nicht nur die tollen Einzelspieler. Borussia spielte damals einfach einen schöneren und attraktiveren Fußball als der FC Bayern", erzählt Nicolai. Und: "Die Option, in Mönchengladbach zu leben und zu arbeiten, stellte ich mir immer als ideal vor."

Im Jahre 1981 zog er dann an den Niederrhein, ehe er zufällig im Mai 1986 einen Pachtvertrag für die Lokalität erhielt. Der Standort im unteren Teil der Gladbacher Altstadt hatte für Nicolai immer seinen Reiz: "Ich fand es toll, dass die verschiedenen Kneipen so nah beieinander lagen. Dazu hat mich eine Altstadt mit Berg irgendwie fasziniert." Die Faszination ist geblieben, wie er sagt. Genau so die Erinnerungen an so manche legendären Feiern innerhalb und außerhalb seiner Kneipe. Oft haben diese auch etwas mit Borussia zu tun. So denkt er mit einem Lächeln an die Menschenmassen 1996 beim DFB-Pokal-Sieg der Fohlen, oder den Aufstieg in die Erste Liga im Jahr 2001. "Das sind Momente, die einem niemand mehr nehmen kann", sagt der Wirt. Dazu bedient man sich solcher Momente auch gerne dann, wenn es mal nicht so gut läuft. Nicolai: "Als Gladbacher Gastronom schwankt man zwangsläufig immer zwischen Hochs und Tiefs. Wenn wenig los ist, fragt man sich, ob die Leute einen nicht mehr wollen. Doch dann geht es auf einmal wieder aufwärts." Die Zeiten hätten sich generell geändert, wie er sagt.

Das langsame Aussterben der Kneipenkultur hat viele Lokale in der Altstadt verschwinden lassen. Größere Clubs haben diese ersetzt. Dies habe mit der veränderten Mentalität der Jugend zu tun, meint Nicolai. "Die Leute sind einfach nicht mehr so gesellig wie früher. Heute kann man sich mit zig anderen Dingen beschäftigen." Stundenlang beschäftigen könnte man sich hingegen mit den Anekdoten und Geschichten des Kneipiers. Geschichten vom Skelett in der Kneipe, das mit Fanartikeln von Borussias Erzrivalen bekleidet ist, dem gruselig anmutenden "Vater Tod", oder die von der gestohlenen Edelstahl-Raute von der Frontwand seiner Kneipe: Als der Dieb vor einem Freund vom Besitz eben dieser Raute schwärmte, hatte dieser schon längst die Suchanzeigen von Armin Nicolai bei Facebook gelesen, so dass die Raute an ihren rechtmäßigen Platz zurückkehrte. Solche Erlebnisse hindern ihn nicht daran, sein wichtigstes Credo zu formulieren: "Meine Mitarbeiter und ich haben über all die Jahre hinweg immer jeden Gast freundlich behandelt und willkommen geheißen", sagt er. Nicht zuletzt deswegen kommen seine Gäste stetig wieder. Seit 30 Jahren.

(RP)
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