Mönchengladbach Die Bauherren im Süden

Mönchengladbach · Warum Gladbach ist, wie es ist: In einer neuen Serie stellt die Rheinische Post Schlaglichter der Mönchengladbacher Geschichte vor, deren Spuren bis in die Gegenwart reichen. Heute: Die Adelsfamilien Quadt und Bylandt, zwei Bauherren und zwei Schlösser in Wickrath und Rheydt.

Es war ein Anruf eines britischen Auktionshauses, der Mönchengladbach vor gut acht Jahren in Aufregung versetzte. "Sotheby's" gab den dezenten Hinweis, dass bei einer der nächsten Auktionen Gemälde der Ahnen der Familie von Quadt versteigert werden. Es wurden unter Einsatz der Otto-von-Bylandt-Gesellschaft weit über 150 000 Mark gesammelt, um diese Bilder für Mönchengladbach zu ersteigern. Noch ein paar Jahre zuvor: 1988 drohte Schloss Rheydt ineinander zu fallen. Das Land gab kein Geld für die Sanierung. Da gründete sich ein Verein und sammelte bei nur einem Schlossfest 400 000 Mark — sechs Jahre später wurde Schloss Rheydt wieder eröffnet.

Nur: Warum in aller Welt war es in beiden Fällen möglich, in kurzer Zeit so viel Geld zusammen zu bekommen? Wie konnte es dazu kommen? Die Antwort liegt vielleicht ein paar Jahrhunderte in der Vergangenheit. Denn die Rheydter Bevölkerung hatte den Schlossbau schon einmal teuer bezahlen müssen. Es ist eine Geschichte voller Qual für das gemeine Rheydter Volk.

Die Adelsfamilie von Bylandt, die fast 300 Jahre in Rheydt herrschte, ging wenig zimperlich während des Schlossbaus mit ihren Untertanen um. Zu diesem Schluss kommt der frühere Stadtarchivar Wolfgang Löhr. Otto von Bylandt, der 1558 die Herrschaft angetreten hatte, war zweifelsohne der wichtigste Bauherr des Schlosses. In seine Zeit fiel der Bau der Festungsanlagen, die Vollendung des Herrenhauses und die Fertigstellung des Großen aus vielen einzelnen Bauten. Doch er ließ die Rheydter dafür knechten. Er kerkerte ein, ließ pfänden, verhaften und hinrichten und unterstellte den Rheydtern 1578 offene Rebellion. Dabei hatte er nach Löhr den zwischen seinem Vater Adrian und dem Volk geschlossenen Vertrag — der ebenfalls nach langen Reibereien zu Stande gekommen war — über Lieferungen und Dienstleistungen offenbar gebrochen. Wer protestierte, wurde ohne Gnade eingesperrt, auch wenn er schon 80 Jahre alt war. Erst juristische Gutachten ließen Otto einlenken und die Gefangenen freilassen. Auf die Leistungen bestand er aber weiter. Er ignorierte Herzogsurteile aus Düsseldorf und führte Prozesse um die Zuständigkeit bis zu seinem Tod. Als er 1592 starb, weigerten sich die Untertanen, ihm das letzte Geleit zu geben. Schloss Rheydt war inzwischen fertig gebaut, aber das Verhältnis zwischen Herrn und Untertanen in Rheydt ist "bis zum Untergang des Alten Reichs nie mehr freundschaftlich gewesen", wie Löhr schrieb.

Da hatten es die Wickrather offenbar besser, als das alte Haus Wickrath, eine Burg, 1745 abbrannte. Friedrich Otto Wilhelm von Quadt, der auf dem ersteigerten Gemälde verewigt ist, kam das wie gerufen. Er wollte den alten Bau schon länger durch einen neuen ersetzen, der seiner Stellung entsprach. Schließlich war Wickrath schon damals anders als Rheydt und Mönchengladbach eine Reichsherrlichkeit — also direkt dem Reich unterstellt. 14 Tage dauerte der Abbruch der Brandreste, und 1772 war das neue Schloss mit Baukosten von rund 250 000 Gulden fertig. Auf einen ausufernden Schlosspark hatte der Freiherr schon damals geachtet. Sein Sekretär bezeichnete diesen schon 1754 als "Erz-Paradies". Der Beginn dafür, dass Schloss und Park heute nach Umbau im Zuge der Euroga 2002 in fürstlichem Glanz erstrahlen. Nur konnte sich von Quadt nicht lange an seinem neuen Schlösschen erfreuen. 1794 beendeten die Franzosen die Herrschaftszeit der Adelsfamilie. Teile des Familienwappens sind heute im Stadtwappen festgehalten.

Kleine Ironie der Geschichte dieser beiden Schlösser, die heute zwei wichtige Aushängeschilder der Stadt sind: Das Gemälde von Wilhelm Otto Friedrich von Quadt hängt nun im Schloss Rheydt.

Zum Weiterlesen Löhr, Wolfgang (Hg.): Loca desiderata, Band 2; Rheinisches Amt für Denkmalpflege (Hg.): Schloss Rheydt. Sanierung und museale Neugestaltung; Otto-von-Bylandt Gesellschaft (Hg.): Rheydter Jahrbuch 26/2002, und Rheydter Jahrbuch 19/1991.

(RP)
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