Mensch Gladbach Die Botschaft hinter der Botschaft

Meinung | Mönchengladbach · Der Streit um die Kosten des Kita-Ausbaus zeigt: Politische Gefechte haben oft einen doppelten Boden. Denn der Ausbau ist alternativlos. Wen also meint der Angriff eigentlich?

Die Griechen haben uns nicht nur Schulden gebracht, sondern auch wunderbare Begriffe für Phänomene des Alltags. Ein gar nicht so scheues Exemplar ist das Paradoxon. Simpel ausgedrückt meint es einen scheinbar unauflösbaren Widerspruch. Je mehr man sich mit dem Paradoxon beschäftigt, umso tiefer wird das Verständnis des Gesagten (oder Erlebten). Im besten Fall wird der Widerspruchs-Knoten in Folge des analytischen Nachdenkens doch durchschlagen.

In der Politik ist das Paradoxon besonders häufig anzutreffen. Jüngstes Beispiel aus Mönchengladbach ist der Streit um den Ausbau von Kindertagesstätten. Der ist nicht nur paradox, sondern auch noch absurd (was übrigens aus dem Lateinischen kommt, absurdus = misstönend). Denn es führt kein Weg am Ausbau vorbei, er ist, um es mit Kanzlerin Merkel zu sagen, alternativlos. Erstens, weil eine wachsende Stadt erfreulicherweise auch mehr Kinder mit sich bringt und weil zweitens ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder im Kita-Alter besteht. Gehen Eltern leer aus, können sie die Stadt verklagen, was auch passiert.

Wie gut, dass nun im Rathaus ein Plan auf dem Tisch liegt, wie viele Kitas in den nächsten Jahren neu gebaut werden müssen, um den Bedarf zu decken. Es sind viele - und die Kosten entsprechend hoch. Die Kritiker führen an, dass Mönchengladbach sich zur Konsolidierung der Finanzen verpflichtet hat. Was richtig ist - und auch gut.

Wir fassen zusammen: Es müssen mehr Kita-Plätze geschaffen werden, aber die Kosten sind inakzeptabel. Ein Paradoxon. Oder doch nicht? Interessant ist nämlich, wer argumentiert und wie. Es sperrt sich die CDU und wirft dem Kämmerer Bernd Kuckels (FDP) mangelnde Transparenz bei der Berechnung der Kosten vor. Der wiederum zuckt mit den Schultern, verweist auf Unklarheiten bei den Landesmitteln, weil die Landesregierung von Rot-Grün auf Schwarz-Gelb wechselt. Die CDU schießt in Mönchengladbach gegen einen Liberalen, während sie im Land die Koalition mit der FDP vorbereitet? Merken Sie es? Schon wieder so ein Paradoxon!

Versuchen wir, es aufzulösen. In Mönchengladbach regiert die CDU mit der SPD. In dieser Kombination können es sich die Christdemokraten gar nicht leisten, beim Ausbau von Kita-Plätzen zu blocken, ohne den roten Partner zu verärgern - Kitas sind ein ur-sozialdemokratisches Thema. Unsere Prognose: Die CDU stimmt dem Ausbau am Ende selbstverständlich zu. Warum aber der Angriff? Nun, die FDP sitzt im Rathaus in der Opposition, stellt mit Kuckels aber nicht nur den Kämmerer. Er ist auch Stadtdirektor und somit Vertreter des Oberbürgermeisters. Ein mächtiger Posten. 2018 läuft übrigens Kuckels' Amtszeit aus, die Wiederwahl steht an. Ist sie aber erwünscht? Wäre es nicht schön, als CDU und stärkste Ratsfraktion diesen Posten mit einem eigenen Kandidaten zu besetzen?

Mensch, jetzt gehen aber die verschwörungstheoretischen Gäule wirklich mit uns durch! Deshalb nun zum Wetter: Das Wochenende wird heiter bis wolkig in Mönchengladbach. Machen Sie das Beste draus!

(dr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort