Mönchengladbach Die erste Vorrunde stieg im Oldtimer-Bus

"Ich glaube, ich bin zum ersten Mal in einem Bus, in dem auch alle bezahlt haben", witzelt Marian Heuser vor seinem Auftritt über die doch ziemlich ungewöhnliche Bühne am Alten Markt. Vor 45 Mitfahrern beginnt der Sprachkünstler in dem geparkten Oldtimer-Bus mit seinem Slam.

Auch vor den offenen Bustüren sammelt sich ein immer größer werdendes Publikum, das gespannt den witzigen und tiefgründigen Texten lauscht.

Der aus Rheine stammende Marian Heuser ist einer von zehn Kandidaten, die in der ersten Vorrunde der Poetry-Slam-Landesmeisterschaften um den Einzug ins Finale kämpfen. Jeder Künstler hat sechs Minuten Zeit, das Publikum von sich zu überzeugen. Ob Gedicht oder Kurzgeschichte - es darf alles vorgetragen werden, was aus der eigenen Schreibfeder stammt. Wer sich qualifiziert, entscheiden die Zuschauer. Sieben zufällig ausgewählte Fahrgäste des gemütlichen Busses vergeben jeweils einen bis zehn Punkte für jeden Auftritt.

Eingeleitet wird der Wettbewerb von Matthias Reuter. Der Klavierkabarettist aus Oberhausen tritt heute ausnahmsweise nicht gegen andere Kandidaten an, aber ganz ohne einen Text ist er nicht gekommen. Nach seinem Gedicht über die Kanzlerin, einen Alkohol verzehrenden Affen, den Star-Wars-Bösewicht Darth Vader und Rapper Bushido sind alle offengebliebenen Fragen geklärt und das Publikum ist bereit für die Kandidaten.

Genau wie seine neun Mitstreiter möchte auch Jay Nightwind den literarischen Wettkampf für sich entscheiden. Er "slammt" über die Tücken eines samstäglichen Supermarktbesuches. Nicht abgewogene Äpfel an der Kasse, eine prinzipiell viel zu lange Schlange und der Super-Gau - die zu Hause vergessene Geldbörse - kennt jeder. Dabei sei Wut an der gut besuchten Kasse nichts Schlechtes. "Man muss die Energie nur umleiten. Das mache ich, ich leite die Energie in meine Faust", erzählt der für Wermelskirchen antretende Jay Nightwind.

Julian Schneege slammt seit zweieinhalb Jahren und kann sich noch sehr gut an seine Anfänge beim Aachener Poetry-Slam erinnern. "Mein erster Text war grauenhaft, das war überhaupt nicht Poetry-Slam", sagt der heute 23-Jährige. Trotz mäßigen Applaus' des Aachener Publikums geht er heute für Düren an den Start. "Davon darf man sich nicht unterkriegen lassen", sagt der Wortakrobat.

Als es schließlich dunkel wird im kuscheligen Bus, stehen die Gewinner fest: Den Abend für sich entscheiden konnten Jay Nightwind mit 47 von 50 möglichen Punkten sowie der letzte Kandidat des Abends in der ersten Vorrunde des Poetry-Slams, Björn Rosenbaum, mit 44 Punkten.

(skra)
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