Mönchengladbach Die geschraubten Werke des Hans Dappen

Mönchengladbach · Durch Zufall ist das erste seiner Art entstanden - beim Experimentieren mit Schrauben und Muttern. Seitdem schafft er Werke, die an die Nachbildungen von Tieren erinnern, die er für Museen herstellte - aber doch ganz anders sind.

 Hans Dappen in seinem Neuwerker Atelier. Früher hat er hier Tiermodelle geschaffen - für große Naturkundemuseen. Jetzt schraubt er Kunstwerke - und ist total glücklich (o. und u.l.).

Hans Dappen in seinem Neuwerker Atelier. Früher hat er hier Tiermodelle geschaffen - für große Naturkundemuseen. Jetzt schraubt er Kunstwerke - und ist total glücklich (o. und u.l.).

Foto: Isabella Raupold

Er hat Tiere nachgebildet. In großen Naturkundemuseen sind sie zu sehen: Insekten, Parasiten, Meerestiere, Süßwassertiere, Säugetiere, Radiolarien. Dazu: Pflanzen, Plankton, Schneekristalle. All diese naturgetreuen Nachbildungen sind im Atelier von Hans Dappen am Broichmühlenweg entstanden - aus Leichtmetall, glasfaserverstärktem Kunstharz und Silikon. Das voluminöse Nilpferd und der freundliche Flugsaurier, den Hans Dappen Fridolin nannte, der im Wiener Naturkundemuseum den Namen Fritzl verpasst bekam, wurden in dem lichtdurchfluteten Raum geschaffen. Die Wespe ebenfalls, Quallen, der gemeine Holzbock, Hirschkäfer, ein springender Menschenfloh. Zuletzt schuf er für das Spicarium in Bremen einen Pinguin, einen Hai, Algen, Ohrenkriecher und 150 Heringe. Dann war Schluss. "Nach 20 Jahren wollte ich etwas anderes machen", sagt Hans Dappen, Schon einmal hatte er umgesattelt. Als er 40 Jahre alt war, schmiss der diplomierte Designer seine Stelle als Art-Direktor und wurde Wissenschaftlicher Modellbauer. Er ging das Risiko ein - und hatte Erfolg ohne Ende. "Die Aufträge purzelten mir nur so ins Haus."

Radiolarien, diese Strahlentierchen, die im Meer umherschweben, klein wie das winzigste Sandkorn, kaum zu sehen mit bloßem Auge, diese Einzeller-Wunder haben es Hans Dappen angetan. "Fürs Museum müssen Radiolarien so aussehen, wie sie in der Natur aussehen", sagt er. Jetzt ist er dabei, eigene Wesen zu schaffen - aus Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben und Lochbändern. Genauer gesagt geht es um die Skelette dieser Kleinstwesen. Und die entstehen jetzt im Hause Dappen ganz neu.

 Der Flugsaurier Fridolin ging ins Wiener Naturkundemuseum und bekam dort den Namen Fritzl verpasst (l.). Die Wespe (r.) sieht so echt aus, dass Allergiker Panik bekommen könnten.

Der Flugsaurier Fridolin ging ins Wiener Naturkundemuseum und bekam dort den Namen Fritzl verpasst (l.). Die Wespe (r.) sieht so echt aus, dass Allergiker Panik bekommen könnten.

Foto: Dappen

Der Zoologe Erich Haeckel hatte um die Wende zum 20. Jahrhundert Kunstformen der Natur erforscht, sie dargestellt und damit die Kunst maßgeblich beeinflusst. Vor allem der Jugendstil bediente sich der filigranen Darstellungen. Die Skelette von Radiolarien fanden sich wieder in Bildern, Textildesigns und Schmuckstücken. "Kein Wunder, die Formenvielfalt der Natur ist unübertroffen." Und für Hans Dappen ein unerschöpflicher Fundus für seine künstlerische Betätigung.

Sein erstes Schrauben-Werk ist abends vor dem Fernseher entstanden. "Ich kann meine Hände nicht untätig lassen, sie müssen immer etwas zu tun haben." So wie andere beim Fernsehen stricken oder häkeln, nahm Hans Dappen die Schraubenkiste zur Hand. Und am Ende des Tages war etwas entstanden, dass ihn selbst verblüffte. Es war rund, es glänzte, und schnell war ihm klar: "Das ist das Skelett eines Strahlentierchens - aber diesmal frei und abstrakt." Etwas ganz Eigenes.

Mönchengladbach: Die geschraubten Werke des Hans Dappen
Foto: Raupold, Isabella (ikr)

So will Hans Dappen weitermachen - obwohl er noch nicht weiß, wohin die Reise geht. Er kann sich die geschraubten Werke in Galerien und Museen, in Gärten, privaten und sakralen Räumen vorstellen. Faszinierend sind sie allemal - und je nach Licht und Blickwinkel immer wieder anders. Sie saugen geradezu in ihr Inneres, dann wieder halten sie den Betrachter auf respektvollem Abstand - ehrfurchtsvoll im Angesicht ihrer fast unnahbaren Schönheit.

Etwa 10 000, vielleicht mehr Radiolarien gibt es. Jedes ist anders. "Da ist kein Ende in Sicht", sagt Hans Dappen, dem das "Schrauben" nach eigenem Bekunden eine "Höllenlaune" macht. Er wird weiter machen, so ist er. Und er sagt: "Man soll nichts machen, was nicht in der Seele tief drinnen ist."

www.hans-dappen.de

(RP)
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