Mönchengladbach Die geteilte Heimat

Mönchengladbach · Für die griechisch-orthodoxe Gemeinde heißt die Backsteinkirche in Speick St. Nikolaos. Die Katholiken nennen sie St. Hermann Josef. Seit 2007 nutzen beide das Gotteshaus gemeinsam und kommen gut miteinander aus.

speick Der 1. März 2008 war für Anneliese Windeln ein schwerer Tag. Es war der Tag, an dem die Kirchengemeinde St. Hermann Josef Speick offiziell ihr Gotteshaus an die griechisch-orthodoxe Gemeinde Mönchengladbachs übergab. "Ich habe geweint", erinnert sich Anneliese Windeln. "Weil wir ein Stück unserer kirchlichen Heimat verloren", ergänzt die Speickerin. Aus finanziellen Gründen hatten die Katholiken ihre Kirche an die Griechisch-Orthodoxen verkaufen müssen, genutzt wird sie nun von beiden. Die Betriebskosten zahlen sie anteilig. Mittlerweile hat sich Anneliese Windeln an die Situation gewöhnt.

Ohne Scheuklappen

"Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zur griechisch-orthodoxen Gemeinde", sind sich Anneliese und ihr Mann Gerd Windeln, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats St. Hermann Josef, einig. Die Gemeinden leben nicht einfach mit Scheuklappen vor den Augen nebeneinander her: "Wir gehen zum Ostergottesdienst der Griechen und zu ihrem Nikolausfest", gibt Anneliese Windeln zwei Beispiele. "Wir kommen sehr gut miteinander zurecht", pflichtet Panagiotis Tsoubaklis, Erzpriester der Griechisch-Orthodoxen, dem Ehepaar bei. "Das ist ein schönes Gotteshaus. Wir haben dort eine Heimat gefunden", sagt er.

Zuvor war die rund 1500 Mitglieder zählende griechisch-orthodoxe Gemeinde immer nur Gast in Gladbacher Kirchen, unter anderem in Pesch – und Speick. Bereits am Ostersonntag 2006 hielt Tsoubaklis seine erste Messe in St. Hermann Josef, in den folgenden zwei Jahren bis zum Kauf der Kirche kam die griechisch-orthodoxe Gemeinde dort regelmäßig zusammen. Jetzt ist sie der Gastgeber, und die Speicker sind die Gäste. Für die neuen Besitzer heißt das Gotteshaus auch nicht mehr St. Hermann Josef, sondern St. Nikolaos.

Zu Hause fühlen können sich die Katholiken dort aber immer noch: Sie durften ihre alte Orgel behalten, ihre Bilder, die Skulptur des Patrons Hermann-Josef und allerlei anderes Interieur. Damit sich die griechisch-orthodoxe Gemeinde heimisch fühlen kann, hat sie im Innenraum der Saalkirche unter anderem ihren Altar und ihre Ikonostase aufgestellt – eine reich verzierte Wand, an der Ikonen wie Christus und der Erzengel Gabriel abgebildet sind. Anneliese Windeln hat gehört, dass ein paar Katholiken in Speick dieser neue Prunk in dem 1967 gesegneten Gotteshaus nicht gefällt. Das sei eben Geschmackssache, "dafür kommen andere extra her, weil sie das so schön finden".

So wie das Innere der Kirche jetzt aussieht, soll es jedoch nicht bleiben: "Es fehlt noch einiges", erzählt Erzpriester Tsoubaklis. "Zum Beispiel ein orthodoxer Kronleuchter und noch mehr Ikonen", sagt er. Doch dafür müsse erst das nötige Geld da sein.

(RP)
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