Gatzweiler Die Kapelle im Vorgarten

Gatzweiler · Katharina Kamps holt tief Luft, bevor sie diesen Satz sagt: "Meine Mutter hat damals mit vollen Schubkarren den Schutt aus der Kapelle gefahren", sagt die Seniorin. Damals – das war Ende der 70er Jahre, als die kleine Kapelle, der Stolz des Dorfes, beinahe abbruchreif war.

 Das Wahrzeichen von Gatzweiler: Die Kapelle im Vorgarten von Katharina Kamps stand in den 60er Jahren kurz vor dem Abriss.

Das Wahrzeichen von Gatzweiler: Die Kapelle im Vorgarten von Katharina Kamps stand in den 60er Jahren kurz vor dem Abriss.

Foto: Dieter Wiechmann

Katharina Kamps holt tief Luft, bevor sie diesen Satz sagt: "Meine Mutter hat damals mit vollen Schubkarren den Schutt aus der Kapelle gefahren", sagt die Seniorin. Damals — das war Ende der 70er Jahre, als die kleine Kapelle, der Stolz des Dorfes, beinahe abbruchreif war.

Heute allerdings erstrahlt das Gotteshäuschen in frischem Glanz, und die Bewohner Gatzweilers feiern jedes Jahr das Patronatsfest darin. 62 Einwohner auf gut 30 Quadratmetern. Das muss gehen, weil es in Gatzweiler einfach dazu gehört.

Heute kümmert sich Katharina Kamps um die Kapelle. Die steht nämlich praktisch in ihrem Vorgarten. Das Grundstück plus 30 Zentimeter rund herum gehören der Kirche. Die Nachbarin aber kümmert sich gerne um das Beet und bepflanzt es mit Blumen.

Dass die Bewohner ihr 1853 erbautes Kleinod lieben, steht außer Frage. Nur stand das Haus vor rund 40 Jahren auf der Kippe. 1966 hatten sich die Anwohner schon für einen Abriss entschieden, weil die veranschlagten Renovierungskosten in Höhe von 30 000 Mark nicht aufzubringen waren. Schon damals hatte der Durchgangsverkehr — er führt übrigens nach Wegberg — der Kapelle arg zugesetzt. Die Rheindahlener Bezirksvertretung lehnte den Vorschlag der Gatzweiler Bürger, die Kapelle abzureißen, jedoch ab und gab selbst 9000 Mark für die Renovierung hinzu. Das wiederum veranlasste die Bewohner, selbst Hand an zu legen.

Handwerker renovierten das Wahrzeichen des Dorfes auf eigene Faust und auf eigene Kosten. Als etwa 15 Jahre später noch einmal renoviert werden musste, hatten die Bürger bereits eine Kapellenkasse eingerichtet. Darin wurden Spenden gesammelt und der Zuschuss aus dem Bistum gehortet. Wieder machten die Gatzweiler Bürger beinahe alles in Eigenregie. Stundenbücher von damals, die noch bei Theo Bertrams im Archiv schlummern, listen genau auf, wer was und wie viel an der Kapelle gearbeitet hat. Die Kapelle war wieder schön, jetzt fehlte nur noch der Denkmalschutz. Nie wieder sollte jemand auf die Idee kommen, Gatzweiler seine Kapelle wegzunehmen. 1986 bewilligte die Untere Denkmalbehörde den Vorschlag — die Kapelle war nun ein Denkmal. Eigentlich war sie nun sicher.

Doch vor einem haben die Bewohner noch Sorge. "Auf unserer Dorfstraße wird trotz Tempo 30 manchmal so gerast, dass die Autos nur ganz knapp an der Kapelle vorbeifahren", sagt Theo Bertrams. Mit dem Zeigefinger deutet er auf Lackspuren an der Fassade. Die Stufe vor der Türe zeugt von vielen Reifen, die über das Treppchen gebrettert sind. Die Kanten sind mittlerweile abgerundet. Dagegen hilft auch kein Denkmalschutz.

(RP)
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