Serie Was Macht Eigentlich? Die Klagemauer erlebt ihre zweite Auflage

Seit dem 1. Januar 1996 ist Robert Manstetten Ministerialrat a. D. Doch Ruhestand ist das "außer Dienst" so richtig nicht, auch wenn nun genügend Zeit ist für "gerätegestützte Gymnastik", dreimal die Woche im Therapeuticum Aachen-Laurensberg, für Wanderungen mit seiner Frau in der Eifel oder im Allgäu und lange Lesestunden. Denn Pensionär Robert Manstetten hat neue Aufgaben gefunden: als Berater der TÜV-Akademie Rheinland, dann 2005 im Volksverein Mönchengladbach und zehn Jahre später im Bündnis für Menschenwürde und Arbeit. Hier kann er weiter das tun, was ihm vor allem am Herzen liegt: für die Menschen arbeiten.

Eine Aufgabe, die nicht selten Frust bringt, ihn aber nicht vom Weg abkommen lässt. Die aktuelle Entwicklung bestätigt ihn ("leider") in seinem Kampf: " Armut und ganz besonders Altersarmut werden immer mehr zum zentralen Thema. Dabei müssten wir in Deutschland als wohlhabende Gesellschaft doch daran etwas ändern können."

Das Bündnis für Arbeit und Menschenwürde kämpft unverdrossen. 80 Mitglieder hat es: Einzelpersonen wie Manstetten oder der ehemalige DGB-Kreisvorsitzende Hartmut Wellssow, aber auch Institutionen wie der Volksverein, das Arbeitslosenzentrum, die Christliche Arbeiter-Jugend. Die Ausdehnung des Bündnis' entspricht in etwa dem Gebiet der katholischen Diözese Aachen, es gibt jedoch keine konfessionelle Bindung.

Der elfköpfige Vorstand heißt Bündnisrat. "Der Tod Edmund Erlemanns im November 2015 war ein unheimlicher Verlust", sagt Geschäftsführer Wolfgang Fels. Doch Manstettens Befürchtung, das Bündnis könnte ohne Erlemann an Effizienz verlieren, hat sich nicht bestätigt.

Das Bündnis, hat Erlemann gesagt, "solidarisiert sich mit Menschen, deren Stimme in der Gesellschaft kaum zählt. Ihnen möchten wir eine Stimme geben" Aufmerksamkeit erreicht es mit verschiedenen Aktionen in den Jahren 2010 und 2011 unter Einsatz einer acht Quadratmeter großen "Klagemauer", die in der Citykirche am Alten Markt ihren Abschluss fanden. Erlemann, Wellssow und Manstetten waren damals Paten des Projekts. Jetzt wird es wiederholt, diesmal mit zwei, obendrein mobilen Mauern: "So erreichen wir auch andere Orte, zum Beispiel im Aachener Raum", sagt Manstetten. An die Mauern kann man, wie beim Original in Jerusalem, Zettel stecken, auf denen Gebete, Bitten, Wünsche notiert sind. Thema ist diesmal nur eins: Altersarmut. Auf Mauern, die nicht trennen, sondern verbinden, Klagen und Visionen zeigen.

(oes)
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