Redaktionsgespräch "Die Mülldetektive sind eine Erfolgsstory"

Mönchengladbach · Der Vorstandschef der Stadttochter Mags Hans-Jürgen Schnaß über kleine Mülltonnen, Grillzonen im Stadtwald und Friedhofsflächen

 Hat sich die Sauberkeit der Stadt auf die Fahnen geschrieben: Hans-Jürgen Schnaß, Chef der neuen Stadttochter Mags.

Hat sich die Sauberkeit der Stadt auf die Fahnen geschrieben: Hans-Jürgen Schnaß, Chef der neuen Stadttochter Mags.

Foto: Detlef Ilgner

Herr Schnaß, wie kann man einem Düsseldorfer Mönchengladbachs kleine Mülltonnen erklären? Geht das in dieser Stadt nicht anders?

Schnaß Erklären kann man das aus der Historie heraus. Dies war seinerzeit das Ergebnis eines Bürgerentscheids. In anderen Städten gibt es heute diese kleinen Tonnen so gut wie nicht mehr.

Es geht ja auch nicht viel rein.

Schnaß Größeres passt manchmal nur schwierig in die Restmüllgefäße rein. Der Rat hat uns jetzt den Auftrag erteilt, alternative Modelle der Abfall- und Wertstofflogistik mit den finanziellen Auswirkungen darzustellen. Wir werden dem Rat unser Ergebnis vorlegen. Dann müssen die Politik und die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt entscheiden. Die Stadtbetriebe GEM und Mags verstehen sich als Dienstleister. Wir wissen, dass das ein sensibles Thema ist.

Aber liegt es nicht in der Logik der Dinge, dass größere Tonnen billiger wären, weil sie nicht so häufig geleert werden müssten? Sind die hohen Abfallgebühren in Mönchengladbach nicht auch auf die kleinen Tonnen zurückzuführen?

Schnaß Wir sind dabei, das zu prüfen. Es ist allerdings in der Tat so, dass es so gut wie keine Schüttungsvorrichtungen für die Müllfahrzeuge mehr auf dem Markt gibt, mit denen die kleinen Tonnen entleert werden können. Wenn das Schüttungssystem defekt ist, müssen wir Ersatzteile einzeln anfertigen lassen. Ich habe sehr großen Respekt vor der Arbeit unserer Mülllader.

Was ist besser: die gelben Säcke oder eine gelbe Tonne? Oder wird ganz auf die Trennung verzichtet und der Müll auf dem Band sortiert?

Schnaß Das DSD-System, also Recycling von Verpackungen aus Kunststoff, ist ein eigenständiges System. Die Entscheidung für die gelben Säcke gilt bis 2019. Jetzt darüber zu spekulieren, ob der gelbe Sack aufgegeben wird, ist müßig. Es gibt sicher das Problem, dass die gelben Säcke bei starkem Wind durch die Gegend fliegen oder von Tieren aufgerissen werden und loser Müll auf die Straße fällt. Wir versuchen, dem Rechnung zu tragen, indem wir den Rhythmus der Straßenreinigung darauf zum Teil anpassen. Die Grundproblematik bleibt natürlich.

Die Mags ist ein junges Unternehmen und hat ein hehres Ziel mit auf den Weg bekommen: Mönchengladbach soll die sauberste Stadt Nordrhein-Westfalens werden. Wann wird es soweit sein?

Schnaß Wir dokumentieren jetzt unsere Schritte und werden zu gegebener Zeit Bilanz ziehen. Wir wollen das Erscheinungsbild unserer Stadt nachhaltig zum Besseren verändern.

Mönchengladbach ist eine Stadt mit sozialen Problemen. Ist Sauberkeit da nicht ein Luxus?

Schnaß Nein. Sauberkeit und gutes Erscheinungsbild sind nötig, damit sich die Stadt weiterentwickeln kann. Mönchengladbach wird dadurch attraktiver für Firmen, deren Mitarbeiter und für Gäste, die zum Einkaufen kommen. Das kommt wiederum der örtlichen Wirtschaft und damit dem Arbeitsplatzangebot zugute. Wir sind absolut im Kontext zu der Stadtentwicklungsstrategie "mg+ - Wachsende Stadt". Die Zusammenarbeit zwischen Herrn Bonin und Mags ist sehr gut.

Mags ist gerade erst fünfeinhalb Monate dabei, aber gefühlt ist die Stadt schon sauberer.

Schnaß Ja, das wird uns auch von vielen Bürgern gesagt. Wir mussten auch nicht bei Null anfangen. Die GEM leistet eine sehr gute Arbeit, und darauf können wir aufbauen. Und auch die Unterstützung des Vereins Clean-up-MG mit seinem Vorsitzenden Eugen Viehof ist für uns sehr wichtig.

Die politische Opposition beschreibt Mags in finanzieller Hinsicht gerne als Fass ohne Boden, weil viel Geld von der Stadt auf das Mags-Konto umgebucht wird: Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Schnaß Als Mags kommentieren wir politische Entscheidungen oder Statements nicht. Unser Wirtschaftsplan ist transparent. Wir bekommen 2017 mehr für die Leistungen, die vorher von der Stadt erbracht worden sind, insbesondere für die Straßenunterhaltung. Ab 2018 soll das nach dem Ratsbeschluss wieder abgeschmolzen werden. Wir wollen dafür sorgen, dass Flächen nicht mehr so pflegeintensiv sind. Dafür werden zum Beispiel Grünflächen freigeschnitten und zurückgebaut, so dass sie optisch gut und leichter zu pflegen sind. Verkehrsinseln sollen pflegeleichter gestaltet werden und auch die immense Zahl an Pollern, die uns häufig bei der Arbeit behindert, wird überprüft. 200 Poller wurden bereits in den vergangenen Wochen entfernt.

Fünf Mülldetektive arbeiten für Mags. Wie erfolgreich ist ihre Arbeit?

Schnaß Die Mülldetektive sind eine Erfolgsstory. Sie sind beispielsweise präsent, wenn der Eickener Markt abgebaut wird und die Marktbeschicker ihre Abfälle für die GEM-Abholung zusammenstellen. Dann kamen früher oft Leute, die ihren Müll dazustellten. Die wurden angesprochen, das hilft. Die Mülldetektive ermitteln bei wilden Müllablagerungen oder überwachen Container. 130 Bußgeldverfahren laufen schon. Die Resonanz aus der Bevölkerung auf die Mülldetektive ist sehr positiv.

Es werden auch Geldstrafen verhängt. Wie hoch sind die Strafen?

Schnaß Eine Tüte Restmüll kostet ca. 100 Euro, Kippen wegschnippen 35 Euro. Prävention allein hilft leider nicht, es muss auch Sanktionen geben. Unser Ziel das Erscheinungsbild nachhaltig zu verbessern, kann nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten unserer Stadtgesellschaft daran mitwirken.

Von null auf hundert in wenigen Monaten: Wie schafft man es, das Mags-Führungsteam und die Mitarbeiter auf die neuen Aufgaben einzustimmen?

Schnaß Es ist viel Kommunikation, Einsatz und Fleiß nötig. Die Mitarbeiter haben auch vorher innerhalb der vorhandenen Strukturen ihr Bestes gegeben. Der Maschinenpark ist nicht der Neueste. Da gibt es viel zu verbessern. Auch die Prozesse müssen optimiert werden. Die Mitarbeiter merken, dass wir das mit sehr viel Engagement angehen und ziehen mit. Insbesondere bin ich persönlich sehr dankbar für die sehr vertrauensvolle und engagierte Zusammenarbeit mit der GEM-Geschäftsführerin und Mags-Vorstand Gabi Teufel. Ohne sie wären wir heute nicht soweit.

Was wollen Sie ändern?

Schnaß Wir wollen im Grünbereich verstärkt auch an Dritte vergeben. Das ist sinnvoll, so lassen sich beispielsweise saisonale Einflüsse besser steuern. Außerdem liegt die Grünplanung bei uns. Wir sind dabei, eine Strategie für Bepflanzung und Pflege aufzustellen. Bei der Konzeption eines Parkmanagements unterstützt uns die Hochschule Niederrhein. Gemeinsam erarbeiten wir gerade ein Konzept für den Stadtwald. Wir denken zum Beispiel darüber nach, mit geringem Aufwand, den Eingangsbereich mit den Containern und Toilettenanlagen zu verändern. Auch solche Dinge gehören zur gefühlten Sauberkeit. Wir haben einheitliche Ansprechpartner für alle unsere Aufgabenbereiche eingeführt. Die Mitarbeiter stehen den Bürgern montags bis samstags von 6 bis 22 Uhr telefonisch und per E-Mail zur Verfügung. Im nächsten Jahr wird es auch eine App geben.

Wo liegen die oft betonten Synergien?

Schnaß Die Wege sind einfach deutlich kürzer, und die Prozesse können anders gestaltet werden. Zum Beispiel wird der Grünschnitt auf den Ausfallstraßen mit der GEM koordiniert. Eine Maschine der GEM fährt dem Mäher hinterher und nimmt den Grünschnitt auf. Auch im administrativen Bereich arbeiten GEM und Mags eng zusammen, so dass Stellen eingespart werden können. Ein interner Reorganisationsprozess wurde eingeleitet.

Die Pflege des Rheydter Marktplatzes ist sehr aufwendig. Würde das besser klappen, wenn man Sie vor der Gestaltung gefragt hätte?

Schnaß Damals gab es Mags noch nicht. Heute geben wir bei der Planung eine Stellungnahme zum Unterhaltungsaufwand der entsprechenden Fläche ab. Dann entscheidet die Politik.

Auch städtische Friedhöfe gehören in die Zuständigkeit von Mags. Viele sind zu groß. Gibt es ein Konzept?

Schnaß Die Beerdigungskultur hat sich von Erdbestattungen hin zu Urnenbestattungen massiv verändert. Wir wollen die Friedhofsangebote attraktiver machen und haben uns mit Bestattern, Steinmetzen und Friedhofsgärtnern zusammengesetzt und viele Ideen in ein Rahmenkonzept einfließen lassen, wie zum Beispiel die Einführung weiterer Grabarten wie Baum- und Waldgräber oder Urnenstelen. Freiwerdende Flächen sollen entwidmet und zur Vermarktung freigegeben werden. Zum Beispiel in Hardt oder am Hauptfriedhof sind Konzeptionen geplant.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN ANGELA RIETDORF, RALF JÜNGERMANN, DIETER WEBER UND DENISA RICHTERS.

(RP)
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