Mönchengladbach Die NEW braucht eine neue Bus-Tochter

Mönchengladbach · Schon heute wird ein guter Teil des Linienverkehrs von Sub- und Partnerunternehmen erbracht, Tendenz steigend. Das führt zu drei verschiedenen Gehaltsstrukturen unter Busfahrern. Eine EU-Verordnung bringt nun zusätzlich Bewegung.

 Die 1996 gegründete West-Bus GmbH stellt in Mönchengladbach derzeit 165 Fahrer, nur 30 weniger als die NEW. Beim gestrigen Warnstreik (hier der leere Europaplatz) fuhr jedoch überhaupt keiner.

Die 1996 gegründete West-Bus GmbH stellt in Mönchengladbach derzeit 165 Fahrer, nur 30 weniger als die NEW. Beim gestrigen Warnstreik (hier der leere Europaplatz) fuhr jedoch überhaupt keiner.

Foto: Hans-Peter Reichartz (Archiv), Theo Titz

Den Streik im öffentlichen Dienst betrachten die Busfahrer, die bei dem Unternehmen West-Bus angestellt sind, mit gemischten Gefühlen. Selbst wenn ihre Kollegen, die direkt beim kommunalen Versorger NEW angestellt sind, am Ende mehr Geld kriegen sollten, haben sie davon — nichts. "Schon jetzt gibt es beim Gehalt eine Dreiklassengesellschaft", sagt einer. "Und wir, die wir in der Mitte hängen, kriegen in erster Linie Druck von unten", fügt ein anderer hinzu. Denn unter dem Dach der NEW gibt es in Mönchengladbach bei den Busfahrern drei verschiedene Gehaltsstrukturen.

 Die 1996 gegründete West-Bus GmbH stellt in Mönchengladbach derzeit 165 Fahrer, nur 30 weniger als die NEW. Beim gestrigen Warnstreik (hier der leere Europaplatz) fuhr jedoch überhaupt keiner.

Die 1996 gegründete West-Bus GmbH stellt in Mönchengladbach derzeit 165 Fahrer, nur 30 weniger als die NEW. Beim gestrigen Warnstreik (hier der leere Europaplatz) fuhr jedoch überhaupt keiner.

Foto: Hans-Peter Reichartz (Archiv), Theo Titz

"Oben" stehen die 195 Fahrer der NEW. Dann folgt die "Mittelschicht" aus 165 Westbus-Fahrern — die 1996 gegründete GmbH ist ein Joint Venture mehrerer kommunaler (Gladbach, Krefeld, Neuss und Viersen) und des privaten Partners Veolia. Und am unteren Ende der Gehaltsskala rangieren die Angestellten der Partnerfirmen. Darunter befinden sich in Gladbach rund 70 Fahrer, die für das Unternehmen Veolia Verkehr West GmbH fahren — und zwar im Unterauftrag für West-Bus. Veolia Verkehr West, vor fünf Jahren gegründet, ist ein Tochterunternehmen des besagten Nahverkehrskonzerns Veolia, der mit 51 Prozent an West-Bus beteiligt ist.

Mit dieser Aufsplittung des Fahrerstamms steht die NEW beileibe nicht alleine da — sie ist eine übliche Folge von Privatisierung und Marktliberalisierung. Schon bald jedoch wird die NEW sich etwas überlegen müssen. Denn die EU-Verordnung 1370/2007 schreibt vor, dass ein mit der Durchführung des ÖPNV beauftragter Dienstleister, der Unteraufträge vergibt, einen "bedeutenden Teil der öffentlichen Personenverkehrsdienste" selbst erbringen muss. Zwar ist noch offen, was ein "bedeutender Teil" konkret bedeutet. "Die Diskussionsbandbreite erstreckt sich von einem Drittel der Betriebsleistung — nicht des Anteils der Fahrer — bis zu zwei Dritteln", sagt Dieter Harre, Geschäftsführer der NEW mobil und aktiv. Dennoch zeichnet sich schon jetzt ab: Ab Ende 2019, wenn der derzeitige Betreuungsauftrag der NEW endet, greift das jetzige Modell nicht mehr. "Je nach Definition des ,bedeutenden Teils' wird voraussichtlich eine 100-prozentig kommunale Tochtergesellschaft, die die notwendigen Prozentanteile für die dann definierte Selbsterbringungsquote in Kombination mit NEW Möbus erbringt, gebildet — oder gegebenenfalls zugekauft", so Harre.

Was das für West-Bus bedeuten könnte, ist unklar. Aktuell bereits befürchten etliche Fahrer, dass Neueinstellungen bis auf Weiteres in erster Linie bei der noch kostengünstigeren Veolia-Tochter vorgenommen werden. Dem hält Harre entgegen, dass das Verhältnis NEW Möbus und West-Bus/Veolia "derzeit im Wesentlichen beibehalten" werden solle. Bei der mit Verdi im Zuge einer Anwendungsvereinbarung definierten Kopfzahl für die NEW-Fahrer könne sich das Verhältnis ab dem Jahr 2016 allerdings "etwas weiter zugunsten West-Bus/Veolia" verschieben. Neueinstellungen würden de facto bevorzugt bei der NEW vorgenommen, sagt Harre, aber auch: "Weitere Fahrer werden bei der Veolia Verkehr West eingestellt, soweit es die Fluktuation bei West-Bus oder Veolia gebietet."

Eine weitere Unwägbarkeit ist ab Ende 2019 das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW, das seit zwei Jahren in Kraft ist. Es legt unter anderem repräsentative Tarifverträge im ÖPNV fest. Bisher ergeben sich daraus nach Einschätzung der NEW keine Konsequenzen, nach Auslaufen der Bestandsbetrauung würde sich bei fortdauernder Gültigkeit des Gesetzes allerdings "die Situation ändern", so Dieter Harre weiter. Denn die Tarifwerke, die den drei Gehaltsstrukturen der Busfahrer zugrunde liegen, sind grundverschieden (siehe Infobox).

Grundsätzlich herrsche unter den Fahrern keine Missstimmung. "Im Zuge von Tarifauseinandersetzungen verfangen bei einigen", so Harre, jedoch "die Parolen wie ,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit'." Eine gewisse Verunsicherung zumindest scheint jedoch da zu sein. Vor eigenen Warnstreiks habe man "ein bisschen Angst", sagt ein West-Bus-Fahrer. Als dort nämlich 2012 in Krefeld für gleichen Lohn gestreikt wurde, kündigten die Krefelder Stadtwerke kurzerhand West-Bus-Leistungen und vergaben sie neu an ein Schwalmtaler Unternehmen.

(RP)
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