Serie Ökumene Im Lutherjahr - Was Die Konfessionen Verbindet (1) Die Öje - weit mehr als ein Modellprojekt

Mönchengladbach · Seit 26 Jahren stellen evangelische und katholische Gemeinden in Eicken zusammen Jugendarbeit auf die Beine.

 Bei einem Zirkusprojekt zeigt Thomas Jansen Clara und anderen Kindern des Jugendprojekts Öje, wie man auf einer Rolle balancieren kann.

Bei einem Zirkusprojekt zeigt Thomas Jansen Clara und anderen Kindern des Jugendprojekts Öje, wie man auf einer Rolle balancieren kann.

Foto: Raupold

Eicken In diesem Jahr feiern die evangelischen Christen den Beginn der Reformation durch Luthers Thesenanschlag vor fünfhundert Jahren. Der Reformator hatte eigentlich eine Erneuerung der Kirche im Sinn, keine Spaltung. Dennoch ist es dazu gekommen und in der Folge auch zu Glaubenskriegen und schmerzhaften Rissen, die quer durch Regionen, Städte und Familien gingen. Jetzt aber sind viele Christen beider Konfessionen der Meinung, dass fünfhundert Jahre Spaltung genug sind. Die Konfessionen rücken auf lokaler Ebene enger zusammen. Besonders die Innenstadtgemeinden sind seit langem ökumenisch gemeinsam auf dem Weg und wachsen auch strukturell in besonderer Weise zusammen. In dieser Serie stellen wir einige der ökumenischen Projekte - einige seit langem erfolgreich umgesetzt, andere aktuell geplant - mit Blick auf das Reformationsjahr vor.

Was eine Gemeinde allein nicht stemmen kann, schaffen drei gemeinsam. Unter dieser Prämisse wurde vor 26 Jahren die Ökumenische Jugendarbeit Eicken, kurz Öje, ins Leben gerufen. Die beiden katholischen Pfarren St. Maria Rosenkranz und St. Elisabeth sowie die evangelische Friedenskirchengemeinde gaben den Anstoß zur Gründung des Trägervereins der Öje, stellen seit mehr als einem Vierteljahrhundert einen Teil des Vorstands und sorgen auch finanziell für Unterstützung. Ein ökumenisches Angebot, das den Modellprojekt-Charakter längst abgestreift hat und zu einer aus Eicken nicht mehr wegzudenkenden Institution geworden ist. "Die Einzelgemeinden hätten das allein nicht geschafft", erklärt Pfarrer Dirk Sasse von der Friedenskirchengemeinde.

Dass das Projekt in Eicken entsteht, kommt nicht von ungefähr: Die Situation vieler Kinder und Jugendlicher im Stadtteil wird Anfang der 1990er Jahre als problematisch und vielfach perspektivlos wahrgenommen. Das Angebot der Öje ist deshalb auch ursprünglich als Streetworkprojekt angelegt, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten aber verändert und erweitert. Die Jugendarbeit umfasst inzwischen zum Beispiel auch ein Jobcafé, in dem Jugendliche über ihre Lebensplanung sprechen, Bewerbungsgespräche trainieren oder sich bei der Jobsuche unterstützen lassen können. "Es ist wichtig, Jugendlichen diese Möglichkeit zu bieten", ist Sozialarbeiter Andreas Kreuder, seit 15 Jahren bei der Öje, überzeugt.

Die Zahlen sprechen für sich: Etwa zweihundert Jugendliche im Jahr schauen sporadisch rein, rund 60 werden längerfristig auf ihrem Weg in den Beruf begleitet. Auch aufsuchende Jugendarbeit findet weiterhin statt, hat sich aber gewandelt. "Die Jugendlichen halten sich heute weniger draußen an festen Plätzen auf", sagt Kreuder. "Es gibt auch weniger Orte, an denen sich Jugendliche treffen können, ohne anzuecken." Stattdessen nutzen sie bekanntlich verstärkt die sozialen Medien, und dort ist natürlich auch die Öje präsent. Außerdem sehen sich die Sozialarbeiter als Lobby der Jugendlichen. "Wir arbeiten mit daran, dass die Bedürfnisse junger Menschen bei der Stadtplanung in den Blick genommen werden", erklärt Kreuder.

Die Aufgaben haben sich aber auch altersmäßig erweitert und verschoben: Neben die Jugendarbeit ist gleichberechtigt die Arbeit mit Kindern getreten. Unter anderem wird seit 2008 in Kooperation mit der Gemeinde St. Maria Rosenkranz in deren Räumlichkeiten eine Mittags- und Hausaufgabenbetreuung für Kinder ohne Ogata-Platz angeboten. Hauptamtler und viele Ehrenamtler kümmern sich um die Kinder. Mit Erfolg. "Manche Kinder haben einen höheren Bedarf an Betreuung als die Ogata leisten kann", stellt der Sozialarbeiter fest. "Wir haben durch die Ehrenamtler eine bessere Betreuungsquote."

Aus dem als Modellprojekt angelegten und auch mit Geldern des Bistums finanzierten Angebot ist inzwischen ein Regelprojekt geworden, bei dem die Stadt 90 Prozent der Personalkosten und einen Materialkostenzuschuss trägt. Trotzdem bleibt regelmäßig eine Haushaltslücke von 25.000 bis 40.000 Euro, die durch Spenden, Geld der evangelischen und katholischen Stiftung im Stadtteil und Fördermittel geschlossen werden muss. Bisher hat es immer funktioniert. "Ein kleines Wunder" nennt das Pfarrer Dirk Sasse. Ein Wunder, das zustande kommt, weil die Vernetzung gut und die Zusammenarbeit mit dem und innerhalb des ökumenisch besetzten Vorstands engagiert ist.

(RP)
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