Hartmut Wnuck Die Schüler müssen Wirtschaft lernen

Mönchengladbach · Der Sparkassen-Vorstandsvorsitzende erklärt, welches ökonomische Basiswissen Schüler brauchen und vor welchen Fallen man sie bewahren muss. Zudem erklärt er das Projekt "Mäuse, Moos und mehr", für das sich Schulklassen bewerben können.

 Hartmut Wnuck ist Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse.

Hartmut Wnuck ist Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse.

Foto: Ilgner

Eine Kölner Abiturientin hat kürzlich für Aufsehen gesorgt, als sie sich beklagte, die Schule habe ihr beigebracht, Gedichte in mehreren Sprachen zu interpretieren, aber nicht, wie man einen Vertrag prüft. Wissen Jugendliche zu wenig über Wirtschaft?

Hartmut Wnuck Ich finde eine ökonomische Grundbildung tatsächlich sehr wichtig. Denn nur, wer zumindest ein Grundverständnis von Wirtschaft hat, kann am Ende gut für sich entscheiden, wofür er sein Geld ausgibt und wofür lieber nicht. Junge Menschen sind heute viel früher und in viel größerem Maße selbst wirtschaftlich Handelnde, als das früher der Fall war. Wer gerne ein Smartphone haben will, von dem aus er dann auch Dinge bestellen will, sollte schon wissen, was er sich leisten kann und was passiert, wenn er mehr ausgibt, als er zur Verfügung hat.

Welches Basiswissen braucht jeder Jugendliche?

Wnuck Bleiben wir mal beim Smartphone beziehungsweise beim Online-Shopping. Da klingt manches Angebot auf den ersten Blick sehr verlockend. Man kauft aber häufig ein Paket mit mehreren Bestandteilen. Weil einem der eine Bestandteil gefällt, nimmt man die anderen in Kauf. Was nicht immer vernünftig ist. Genau so ist es bei Finanzierungen ja auch. Wenn jemand einen Kredit für null Prozent Zinsen verspricht, lohnt es sich, ganz genau hinzugucken. Das ist oftmals ein "Verknüpfungsmodell". Und das, wo man mal eben schnell einen Haken dran macht, kann einen am Ende richtig teuer zu stehen kommen. Wissen und Überblick sind die besten Methoden, um zu verhindern, dass man in Not gerät. Das fängt bei ganz einfachen Dingen an: Was ist bei einem Konto alles zu beachten? Wie gehe ich mit Kreditkarte und Dispo um? Und geht hin bis zu Basiswissen über die Börse und Aktien.

Was ist die größte Falle für junge Menschen?

Wnuck Sich zu viel anzuschaffen, für das man eigentlich nicht das nötige Geld hat. Erst wird ein Kredit aufgenommen, dann der zweite, und beim nächsten Kauf wird Teilzahlung vereinbart. Plötzlich sind es ganz viele Raten, die man bezahlen muss. Man verliert den Überblick. Und irgendwann liest man lieber schon gar nicht mehr den Kontoauszug, weil man ahnt, dass der unerfreulich ist. Natürlich kann man sich auch mal einen Wunsch erfüllen, wenn man das Geld noch nicht komplett zusammen hat. Aber das ständig zu tun und Anschaffungen prinzipiell in hohem Maße zu finanzieren, kann nicht gut gehen. Und es geht, leider auch schon bei jungen Menschen, oft nicht gut.

Sie bieten in weiterführenden Schulen das Projekt "Mäuse, Moos und mehr" an. Warum?

Wnuck Lassen Sie mich mal als erstes sagen, warum wir es nicht anbieten. Nämlich nicht, um für die Sparkasse zu werben. Wir wollen Jugendlichen ökonomisches Basis-Wissen vermitteln. Wenn sie dann einige Jahre später Kunden der Stadtsparkasse werden, freut uns das natürlich. Aber das ist nicht Ziel dieses Projekts. Wenn die Schüler am Ende Wirtschaft besser verstanden haben, ist das Ziel erreicht. Wir wollen die Schüler davor bewahren, aus Unwissenheit schwere Fehler zu begehen. Wenn wir dann gut informierte, junge Kunden haben, macht uns das zwar manchmal richtig Arbeit. Denn die stellen Fragen, vergleichen, sind skeptisch. Aber genau das wollen wir: junge Menschen, die mündig sind, auch in ihrem wirtschaftlichen Verhalten.

Wie läuft das Projekt ab?

Wnuck Wir wenden uns an Schüler der weiterführenden Schulen von den achten Klassen an aufwärts. Das Projekt richtet sich ausdrücklich an alle weiterführende Schulen, an Haupt- und Realschulen genauso wie an Gesamtschulen und Gymnasien. Unser Ziel ist es, den Lehrern es so einfach wie möglich machen, ihren Schülern grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge zu erklären. Darum bekommen die Lehrer von uns umfangreiches und von Experten in Wirtschaft und Didaktik gemeinsam entwickeltes Unterrichtsmaterial. Wir bieten außerdem an, dass Bankkaufleute aus unserem Haus in die Klassen kommen und im Unterricht Fragen der Schüler beantworten. Darüber hinaus bieten wir in diesem Jahr einen Vortrag für die Projektteilnehmer in unserer Hauptstelle am Bismarckplatz mit dem Thema Datenschutz im Internet, Facebook und WhatsApp.

Sehen Sie die regionalen Banken beim Thema Aufklärung zur Wirtschaft besonders in der Pflicht?

Wnuck Wir haben das Know-how, die Infrastruktur - also machen wir das, und zwar sehr gerne. Dass wir den Schulen beim Vermitteln von Inhalten aus dem Themenbereich Ökonomie helfen, hat ja eine lange Tradition. Unser "Planspiel Börse" halte ich für gleichbleibend wichtig, um spielerisch Wissen über Wertpapiere zu vermitteln. Da geht es nicht ums Spekulieren, sondern um das Investieren in Unternehmenswerte. Gerade an der Börse zeigen sich kompakt und anschaulich die Auswirkungen wirtschaftlichen Handelns. Die ersten Ansprechpartner für das Vermitteln von ökonomischem Wissen sind die Eltern. Da schauen es sich die Schüler ab, wenn es entsprechend vorgelebt wird. Und danach sind die Schulen der Ort, wo dieses Wissen vermittelt werden muss. Dabei helfen wir mit unserem Projekt gerne.

Wie vermittelt man Jugendlichen, dass Sparen wichtig ist, obwohl es praktisch keine Zinsen mehr gibt?

Wnuck Die Zinsen sind ja nur ein zusätzlicher Anreiz. Der grundsätzliche Wert des Sparens ist ja ein anderer, nämlich, ein Ziel zu haben und darauf hin zu sparen. Das Wissen, dass es dauert, bis man sich etwas Größeres anschaffen und das Geld nur einmal ausgeben kann, halte ich für sehr wichtig, Schülern zu vermitteln. Denn wenn sie das einmal verstanden haben, begleitet es sie ein Leben lang. Wenn sie dann ihr erstes Geld verdienen, kommt der nächste Schritt: Wie spare ich Geld an, das dazu beiträgt, im Alter meinen Lebensstandard zu halten? Es ist sehr wichtig, sich mit dieser Frage früh zu beschäftigen. Denn wer spät anfängt, etwas anzusparen, muss dann umso mehr Geld in seine Zukunfts- und Altersvorsorge stecken.

Wie war das bei Ihnen, als Sie Kind waren? Haben Sie gespart?

Wnuck Ja, das habe ich. Meine erste Erinnerung ans Sparen ist meine Konfirmation. Da hatte ich dank der Geschenke aller Verwandten plötzlich eine Geldsumme zur Verfügung, die ich mir vorher nicht hatte vorstellen können. Ich habe dann das meiste gespart und habe mir immer sehr gerne mein rotes Sparbuch angeschaut. Plötzlich über Geld verfügen zu können, war ein tolles Gefühl. Als älterer Schüler habe ich in den Sommerferien immer drei Wochen bei einem Bauunternehmen gearbeitet. Von einem Teil des Geldes habe ich dann in den restlichen Ferien besser gelebt als sonst und mir etwas geleistet. Den Rest habe ich zurückgelegt.

RALF JÜNGERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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