Mensch Gladbach Die teuflisch teure Playmobil-Connection

Mönchengladbach · Warum lassen wir eigentlich die Busse so selten fahren? Und bauen nicht endlich eine schöne, große Bücherei? Und lassen, wenn schon nicht Milch und Honig, dann doch wenigstens Wasser aus den Brunnen fließen? Weil schon wieder fünf vor Haushaltsberatungen ist, erkläre ich es gern. Sie müssen dazu nur kurz einen Playmobilkatalog aufschlagen.

Unser Siebenjähriger liebt Kataloge. Er markiert mit bunten Heftstreifen daran die Sachen, die er braucht. Unbedingt. Als Geburtstagsgeschenk. Als Krankengeschenk. Als Einfach-mal-so-Geschenk. Oder vom Christkind, Osterhasen, Nikolaus, von seiner Lieblingstante und sonstigen Geschenke-Services. Die Kataloge sind voller, bunter Streifen. Nie braucht man so viel und so dringend wie als Siebenjähriger. Seit er eigenes Taschengeld bekommt, lernt er mühevoll, was es heißt, sich etwas leisten zu können.

Politiker geben nicht ihr eigenes Geld aus, sondern das anderer Leute. Das erklärt viel. Zum Beispiel die Haushaltslage von Mönchengladbach. Aber auch die Diskrepanz zwischen Wahlversprechen (so bunt wie ein Playmobil-Katalog) und dem anschließenden tatsächlichen Tun (so grau wie ein November am Niederrhein). Gerade schwirren wieder klasse Ideen durch den politischen Orkus. Der Nahverkehr in Mönchengladbach ist beste Werbung - und zwar fürs Auto- oder Rad fahren. Wenn man sich überlegt, was alles beim Busverkehr dringend besser werden müsste, kommt man zu einer ähnlich langen Liste wie Borussia vergangenes Wochenende bei der Analyse der Fehler im ersten Bundesligaspiel. Ein Gutachter, der sich mit dem Organisieren von Nahverkehr auskennt, hat diese Liste aufgeschrieben. Das ist schön. Sie umzusetzen kostet Geld. Viel Geld. Das ist blöd. Vor allem, weil die Stadt kein Geld hat. Jede Verbesserung im Konzept reißt ein noch größeres Loch in den Haushalt der Stadt. Nahverkehr ist neben Bädern die zweite Sache, die Bürgern genau so lange Spaß macht, bis sie die Rechnung geschickt bekommen.

Wir brauchen eine Bücherei, die groß genug ist, damit man dort all die Sachen machen kann, die man heutzutage in Büchereien, die sich lieber Mediotheken nennen, so tut. So weit, so wünschenswert. Und natürlich gibt es auch eine Menge Stellen, wo so etwas prima hinpassen würde. Zum Beispiel am Bahnhof oder auch an der oberen Hindenburgstraße. Wenn, ja wenn, man es sich denn leisten könnte. Ein politisches Bündnis ist daran schon gescheitert. Weswegen das nächste sicher klug genug ist, die Finger vom Vitus-Center als Dauer-Herberge für unsere Bücher zu lassen.

Hätte, hätte, Fahrradkette. 2008 hielten sich die hiesigen Politiker für Börsen-Gurus. Die RWE-Aktien, deren Verkauf in Düsseldorf Joachim Erwin das nötige Kleingeld zum Umbau von Düsseldorf beschert hatte, wollten die Gladbacher CDU und FDP erst verkaufen, wenn sie wieder 85 Euro wert waren. Die SPD war sicher, die Aktie würde weit über 100 Euro landen. Jetzt kostet sie 15. Börsenkurse vorherzusagen ist zugegebenermaßen fast so schwer wie Lottozahlen. Weswegen Verantwortliche, die mit anderer Leute Geld hantieren, beides sein lassen sollten. Hätten die Politiker damals aufs richtige Pferd gesetzt, wären heute ein paar Buslinien und eine Mediothek drin.

Mein Sohn spart gerade auf etwas, an dem schon lange ein bunter Streifen pappt und das 8,99 Euro kostet. Er hofft, dass ich ihm etwas dazu gebe. CDU und SPD gehen derweil davon aus, dass ich mehr Steuern zu zahlen bereit bin, damit sie mehr Geld ausgeben können. Ich habe das Gefühl, dass die alle unter einer Decke stecken. Playmobil-Connection.

(RP)
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