Mönchengladbach Die vegane Stadt

Mönchengladbach · Mönchengladbach ist in nur fünf Jahren zum Eldorado für Veganer geworden. Mit rund 1700 Anhängern sticht die vegane Szene deutschlandweit heraus.

 Ein veganes Mittagessen mit Ofengemüse, gebratener Aubergine, Zucchini, Kartoffeln, Blumenkohl und Paprika.

Ein veganes Mittagessen mit Ofengemüse, gebratener Aubergine, Zucchini, Kartoffeln, Blumenkohl und Paprika.

Foto: klik

"Halt Stopp", ruft der Kellner. Als ginge es um Leben und Tod. Das tut es auch, wenn auch zeitverzögert. Und in dem Moment, in dem Michael Roos heruntergeschluckt hätte, wäre es ohnehin schon zu spät gewesen. "Sie sind doch vegan oder?", fragt der Kellner im Blue Angel in der Rheydter Innenstadt. Michael Roos kennt man dort schon.

Macht aber nichts - denn das mit Eigelb bestrichene Fladenbrot hätte Michael Roos ohnehin nicht angerührt. Das Wachsamsein, das kennt er schon. "Man gewöhnt sich dran", sagt der 45-Jährige. Sich vegan, also komplett ohne tierische Produkte zu ernähren, sei gar nicht so schwer.

Zumindest, wenn man eine solch starke Lobby aufgebaut hat wie in Mönchengladbach. "Ich wüsste nicht, wo die vegane Szene so aktiv ist wie hier", sagt Michael Roos. Und das hat auch mit ihm zu tun.

Als sich der Kern der veganen Bewegung 2012 zusammenfand, gab es in Mönchengladbach nur sehr wenige Restaurants, in den man vegan essen konnte. "Um genau zu sein, gab es gar keine", sagt Michael Roos. Heute arbeit der selbstständige Unternehmer gemeinsam mit seinen Freunden Nicole Klösges und dem Kandidaten der V-Partei (für Veränderung, Vegetarier und Veganer) Norbert Vitz bereits an der zweiten Auflage ihres kleinen Stadtführers für "veganfreundliche" Restaurants und Cafés.

 Nicole Klösges, Michael Roos und Norbert Vitz (v.l.) haben 2012 den veganen Stammtisch in Mönchengladbach gegründet. Inzwischen hat die Bürgerinitiative rund 1700 Anhänger und sticht damit deutschlandweit heraus.

Nicole Klösges, Michael Roos und Norbert Vitz (v.l.) haben 2012 den veganen Stammtisch in Mönchengladbach gegründet. Inzwischen hat die Bürgerinitiative rund 1700 Anhänger und sticht damit deutschlandweit heraus.

Foto: Raupold

Denn in Mönchengladbach werden es immer mehr. Aktuell zählt das Trio 43, ein paar weitere stehen auf der "Prüf"-Liste. Ein Eldorado für Veganer, das mit den umliegenden Großstädten Köln und Düsseldorf durchaus mithalten kann. Und mehr noch: "Wir sind deutschlandweit der größte vegane Stammtisch", sagt Michael Roos. Überprüfen kann man das zwar nicht, eine übergeordnete Instanz, die alle Stammtische im Blick hat, gibt es nicht, aber Veganer seien vernetzt und fest steht: Mönchengladbach ist bekannt. Laut einer Erhebung des Vegetarierbunds Deutschland, der Interessenvertretung der Veganer, gab es im vergangenen Jahr 161 rein vegane Restaurants. Davon immerhin zwei in Mönchengladbach. Klingt wenig, aber allein 48 davon gibt es in Berlin.

Der Vegetarierbund Deutschland schätzt, dass etwa zehn Prozent aller Konsumenten sich ohne tierische Produkte ernähren. Es gibt aber auch andere Zahlen: Laut einer Befragung des Marktforschungsinstituts Skopos ernähren sich aktuell mit 1,3 Millionen Menschen nur rund 1,6 Prozent der Bevölkerung rein pflanzlich. Fest steht: Vegane Ernährung liegt derzeit voll im Trend. Laut Marktforschungsinstitut Mintel wurden im Jahr 2016 in Deutschland mehr vegane Produkte als in jedem anderen europäischen Land eingeführt. Inzwischen seien sogar mehr Lebensmittel als "vegan" gekennzeichnet denn als "vegetarisch".

Der vegane Stammtisch in Mönchengladbach hat aktuell rund 1700 Mitglieder. Der Gruppe trifft sich in unregelmäßigen Abständen in verschiedenen Restaurants der Stadt. Jeder ist willkommen. So haben es Michael Roos, Nicole Klösges und Norbert Vitz geschafft, einen Gastronomen nach dem anderen davon zu überzeugen, auch ausgewiesen vegane Gerichte auf ihre Karte zu nehmen - mit ihrem Konsumverhalten.

Und das nicht nur beim Essengehen, sondern auch beim Einkaufen. "Wir haben auch bei den Supermärkten der Stadt, Überzeugungsarbeit geleistet", sagt Michael Roos. "Veganer haben durch ihr Kaufverhalten den Markt verändert", sagt er. "Mir geht es darum, so wenig Schaden wie möglich anzurichten." "Einfach mal eine Woche ausprobieren, das macht auch Spaß", sagt Michael Roos.

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