Mönchengladbach Die weiße Wand von Wankdorf

Mönchengladbach · 6000 Gladbach-Fans waren in Bern. Es gab einen friedlichen Fan-Marsch durch die Schweizer Hauptstadt und tolle Stimmung im Stadion. Am Ende brannte die Seele.

Wenn sie besonders gerührt sind, die Borussen-Fans, dann gibt es nur eine Melodie, die passt. In Bern stimmten die 6000 Menschen, die in der Mehrzahl wie verabredet in Weiß gekommen waren, diesen Song gut sieben Minuten vor dem Ende des Play-off-Spiels um die Champions League an. "Die Seele brennt" hallte es von der Westseite aus, die an diesem Tag die Nordkurve war, durch das Stade de Suisse. Es war ein Moment, in dem am besten das Flutlicht erloschen wäre und alle ihre Feuerzeuge ausgepackt hätten. Ein Moment, der so viel mehr Fußballgefühl hatte als die Minuten vor dem Spiel, als einige Pyrotechnik zündeten. "Die Seele brennt", das ist echte Fankultur.

Als das 3:1 der Borussen amtlich war, gingen die Spieler in die Kurve, ganz nah ran an die, die ihnen so sehr geholfen hatten an diesem wichtigen Tag. "Es ist unglaublich, was unsere Fans hier gemacht haben", sagte Tony Jantschke. Ihn hatten sich die Gladbach-Freunde vorab für die Startformation gewünscht, das ergab eine Abstimmung bei RP-Online, und der "Fußballgott" und Ur-Borusse spielte tatsächlich von Beginn an.

Das sind unabgesprochene Doppelpässe zwischen Spielfeld und Tribüne, die passen. Für die neuen Männer wie Tobias Strobl oder Jannik Vestergaard war es derweil gleich ein ganz großer Gänsehautmoment.

"Unsere Fans sind überragend. Du stehst im Spielertunnel und hörst draußen nur Borussia Mönchengladbach. Dann kommst du raus und da ist eine weiße Wand", berichtete Trainer André Schubert von aufwühlenden Sekunden schon vor dem Anpfiff. Sportdirektor Max Eberl sprach von "Heimspielstimmung" und einer "unglaublich tollen Atmosphäre". "Was die Fans hier veranstaltet haben, ist bemerkenswert", sagte Eberl. "Es war Wahnsinn hier. Jetzt freuen wir uns richtig auf das Heimspiel", sagte André Hahn.

Am kommenden Mittwoch dürfte es noch emotionaler werden. Borussias Fans sind zu besonderen Anlässen sehr kreativ, und es ist nicht auszuschließen, dass es erneut eine große Choreografie zum Spiel gibt. Und wenn dann das, was in Bern am Ende besungen wurde, faktisch ist, dürfte die Party richtig losgehen: "Auf, auf, auf in die Champions League."

Vor dem Spiel hatten sich die engen Gassen der Berner Innenstadt immer mehr mit Borussen-Fans gefüllt. An der Grenze wurden sie alle gründlich kontrolliert, bevor sie in die Schweiz einreisen durften. Die Berner Polizei war gut vorbereitet. Doch alles blieb friedlich. Es wurde gesungen und geschwoft, wie einst in Rom schaffte ein Gladbach-Fan sogar einen erfolgreichen Fensterschuss. "Das hat bei uns Tradition", twitterte Borussia stolz.

Gegen 17 Uhr machten sich die Borussen dann auf den Weg zum Stade de Suisse im Berner Stadtteil mit dem berühmten Namen Wankdorf. Wie ein weißes Band zogen sie durch Bern, stets mit einem Borussen-Song auf den Lippen. Stadionsprecher Thorsten Knippertz war mittendrin im Trubel und postete ein launiges Video. Überhaupt quoll das Netz von diesem Moment an über von Fotos und bewegten Bildern dieses Ereignisses.

Später im Stadion verwandelten die Gladbacher ihren Bereich in eine regelrechte "Nordkurve". Auch das hat auf Reisen längst Tradition. Als dann die Champions League-Hymne erklang, waren alle ergriffen. Wie kann eine Saison besser starten, als mit diesen ruhmreichen Klängen vor dem ersten Pflichtspiel? Während der 90 Minuten boten sich die Gladbacher einen wackeren Gesangswettstreit mit den gelb-schwarzen Bernern, die ebenfalls eine gute Performance ablieferten. "Es war eine unglaublich tolle Stimmung", fasste Max Eberl nachher zusammen.

Borussia hat in Bern ein Champions-League-taugliches Bild abgegeben: auf dem Rasen, auf den Rängen und auch in den Straßen der Schweizer Hauptstadt.

(kk)
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