Mönchengladbach Dieter Nuhrs Blick auf die Welt

Mönchengladbach · Der Auftritt des Kabarettisten im Sparkassenpark geriet zur großen Nummer - 1400 Gäste, ausverkauft. Und ein Dieter Nuhr in Bestform. Der bekam auf der Bühne auch etwas geboten: einen Blick aufs Urinal.

 Kabarettist Dieter Nuhr.

Kabarettist Dieter Nuhr.

Foto: zaunbrecher

Dieter Nuhr trat etwa zehn Minuten verspätet auf die Bühne. "Ich will mich nicht wichtig machen, aber ich habe mir gedacht: ,Ohne dich fangen die nicht an'", kommentierte der Kabarettist dies. Der Grund seines späteren Kommens: Er war mit dem Auto in den Stau geraten, der sich wegen seines Auftritts auf den Zufahrtsstraßen um das Chapiteau im Sparkassenpark gebildet hatte. Kein Wunder, denn mit gut 1400 Gästen war das stimmungsvolle Veranstaltungszelt ausverkauft.

Bis 22.40 Uhr spannte Nuhr einen kabarettistischen Spannungsbogen in seiner gewohnt ironischen und differenzierten Sicht auf die Welt. Da, wo viele Comedians Anekdoten einstreuen, um ihre Pointen vorzubereiten, liefert Nuhr oft Informationen aus Nachrichten und Studien, um am Ende deren Skurrilität oder Absurdität humorvoll auf den Punkt zu bringen. Dabei verschonte er bei seinem Auftritt in Mönchengladbach nichts und niemanden. "In den USA gibt es im Wahlkampf zwei wichtige Themen: Waffen und Abtreibung. Die Frage ist also: ,Wann sollte ein menschliches Leben beendet werden - vor oder nach der Geburt?" Die fremdenfeindlichen Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern - in dem, wie Nuhr einstreute, kaum Ausländer leben - begründete er ironisch mit den Worten: "Der Ausländer entzieht sich seiner Diskriminierung durch Abwesenheit!" Für Frauke Petry und Alexander Gauland von der AfD forderte er "eine schalldichte Burka".

Und in einem abstrusen Szenario führte er aus, wie es wäre, wenn die Idee der Grünen umgesetzt würde und behinderte Menschen Sex auf Rezept bekommen. In Nuhrs Vorstellung führte dies zu "staatlich zertifizierten Sexualdienstleiterinnen und Dienstleistern", die verbeamtet werden, pünktlich um 17 Uhr Feierabend machen und "den Griffel fallen lassen". Das Wort "Stechuhr" bekomme so eine ganz neue Bedeutung. "Ich kann mir vorstellen, dass sich dafür einige selbst verstümmeln, um da reinzurutschen", fuhr Nuhr fort. Das letzte Wort stand so nicht in seinem Programm, doch gefiel die Freudsche Fehlleistung dem Kabarettisten so gut, dass er ankündigte sie aufzuschreiben.

Bei der Zugabe sagte Nuhr: "Ich habe noch nie auf einer Bühne gestanden und konnte auf ein Urinal sehen", woraufhin sich reihenweise Zuschauer umdrehten, in Nuhrs Blickrichtung spähten und durch die offene WC-Tür in den hell erleuchteten Toilettenraum blickten. Das war also kein Scherz, sondern fast schon ein ganz besonderes Kompliment an die Spielstätte.

(RP)
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