Mönchengladbach Drei Sprachkünstler und Theaterleute hatten Talk-Spaß
Mönchengladbach · Kabarettist Serdar Somuncu und Generalintendant Michael Grosse treffen beim Kitchentalk in der Kulturküche zusammen.
Die Kulturküche in der Altstadt hat zwei Zugänge: einen oben von der Aachener Straße 49 aus und einen von unten an der Waldhausener Straße, Hausnummer 64. Das reicht, um diese beiden Zahlen dergestalt aufeinander zu beziehen, dass daraus das Zeitmaß einer Talk-Serie wird. 64 Minuten und 49 Sekunden dauert regelmäßig ein "Kitchen-Talk" in dem von der Intres GmbH verwalteten Kulturküche.
Darüber, dass die Talkrunde nach exakt dieser Zeit auch für Generalintendant Michael Grosse und Serdar Somuncu, den Provo-Schriftsteller, Regisseur und Comedy-Akteur türkischer Herkunft, Geltung hat, wachte jetzt der "Timeinator", Christoph Weertz, mit seinem Hand-Chronometer.
Mit 51 Besuchern ist der kleine Saal voll besetzt, als Moderator Torsten "Knippi" Knippertz, selbst Schauspieler, die Talk-Spielregeln erklärt und die Talk-Partner auf die kleine Bühne bittet. Dann hebt ein verbales Feuerwerk, eine Schlacht der Worte und Widerworte, an, die jeden Besucher die Zeit vergessen lässt: Gegen den TV-erfahrenen, hyperschlagfertigen Sprachjongleur Serdar Somuncu, 1968 in Istanbul geboren, benötigt der sieben Jahre ältere Michael Grosse, geboren im Jahr des Mauerbaus in Berlin, ein paar Minuten, bis er auf dessen Grundtemperatur angelangt ist.
Aber dann findet Grosse doch souverän seine Rolle im lebhaften Ideen- und Meinungsaustausch mit dem Moderator und dem ausgebildeten Schauspieler, Regisseur und Schlagzeuger aus Neuss. Somuncu hat freilich den Vorteil, dass er seine Worte nie auf die Goldwaage des wohlanständigen Mainstreams legen muss. Kostprobe: "Ich hasse Karneval, das ist das Schlimmste, was es gibt!", gesteht Somuncu. Dagegen hält Grosse trocken mit dem lakonischen Outing: "Ich bin Major der Prinzengarde in Krefeld." - Riesengaudi im Publikum. Im Ensemble des Theaters Krefeld/Mönchengladbach wolle er übrigens nicht mitspielen, erklärte Somuncu.
Beim Fußball kommen die beiden leichter überein. Beide sprühen vor Leidenschaft für den Fußball und sind Fans von Borussia, Serdar Somuncu ist sogar Mitglied des Vereins. Patrioten bekommen ihr Fett weg, als Somuncu auf eine Publikumsfrage, wieso er in der "hässlichen Stadt Wuppertal" studiert habe, cool zurückgibt: "Ein Vorurteil - Wuppertal ist gar nicht so hässlich, Mönchengladbach ist viel hässlicher!" Da ist er wieder, der Agent provocateur, der zum Beispiel Theaterkritiker mit einer prolligen Formel als Spanner diskreditiert.
Beim Wissensquiz räumt klar Serdar Somuncu ab. Er weiß zum Beispiel spontan, was der Ausdruck "Kaligynäphobie" bedeutet. Antwort: die Angst vor schönen Frauen. Dabei kommt nebenbei heraus, dass der Künstler in etwa zehn Sprachen zu Hause ist. Da Grosse gern in Ungarn Urlaub macht (zuletzt im Juli) und diese Sprache erlernt, können die beiden einander zur Verblüffung des Auditoriums ein paar Dialog-Fragmente auf Ungarisch zurufen. Als Somuncu dem Publikum die Fremdheit der Sprache anhand des Begriffs für Kühlschrank - hütöszekrény - erläutert, korrigiert ihn Grosse beherzt bei der Aussprache des Wortes.
Doch dann klingelt der Wecker, und Timeinator Weertz beendet erbarmungslos das hoch amüsante Wortgefecht. - Das war um Längen besser, als wir das regelmäßig im Talk-TV erleben müssen.