Mönchengladbach Ehepaar schenkt Museum Zeitung von 1871

Mönchengladbach · Ein Stück Gladbacher Geschichte ist nun in einem Museum bei Metz archiviert. Der Kontakt kam durch einen Zufall zustande.

 Die Titelseite der Gladbacher Zeitung vom 4. März 1871. In dem Kranz ist eine Depesche von Kaiser Wilhelm I abgedruckt.

Die Titelseite der Gladbacher Zeitung vom 4. März 1871. In dem Kranz ist eine Depesche von Kaiser Wilhelm I abgedruckt.

Foto: Musée de la guerre de 1870

Jahrelang hing die Ausgabe der Gladbacher Zeitung im Treppenhaus von Ehepaar Klomp, eingerahmt hinter Glas. Jetzt ergänzt die Ausgabe die Sammlung eines Museums im französischen Gravelotte bei Metz. Dass das Dokument den Weg von Giesenkirchen nach Lothringen gefunden hat, beruht auf einem Zufall. Dr. Reiner Marcowitz, Professor an der Universität Lothringen, war bei dem Ehepaar zu Gast, als zufällig das Gespräch auf die Zeitung fiel. Marcowitz erinnerte sich an das "Museum des Krieges von 1870 und der Annexion Lothringens", das im April in Gravelotte eröffnet hatte. Der in Rheydt geborene Professor vermittelte dann den Kontakt zum Museum. Im Juli reisten Jürgen und Annemarie Klomp in die 750-Einwohner-Gemeinde, um das Exemplar am Vortag des französischen Nationalfeiertags zu übergeben.

 Jürgen Klomp mit einem Prospekt des Museums in Gravelotte. Gemeinsam mit seiner Frau übergab er die historische Zeitung.

Jürgen Klomp mit einem Prospekt des Museums in Gravelotte. Gemeinsam mit seiner Frau übergab er die historische Zeitung.

Foto: Raupold

"Es ist ein gutes Gefühl, dass die Zeitung jetzt in guten Händen ist", sagt Jürgen Klomp. Der 72-Jährige hatte zuvor in Gladbach nach einem geeigneten Ort gesucht, um die Zeitung archivieren zu lassen. Allerdings zeigte niemand Interesse. Die Ausgabe ist seit Jahrzehnten in Familienbesitz. Jürgen Klomp hat sie vor rund 60 Jahren von seinem Großvater erhalten. Bevor er sie ins heimische Treppenhaus gehängt hat, lag sie lange Zeit zwischen den Seiten eines dicken Atlas'. Jürgen Klomp vermutet, dass sein Urgroßvater die Zeitung im März 1871 gekauft und sie dann aufgehoben und weitervererbt hat.

Die Gladbacher Zeitung ist deshalb für das Museum interessant, da sie ein wichtiges Datum im Deutsch-Französischen Krieg thematisiert. Die Auseinandersetzung zwischen Frankreich auf der einen und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt auf der anderen Seite war Anfang des Jahres 1871 zugunsten der deutschen Parteien ausgegangen. Im so genannten Vorfrieden von Versailles wurden am 26. Februar 1871 unter anderem Reparationszahlungen an das neugegründete Deutsche Reich und die Annexion von Elsass-Lothringen festgehalten.

Dieser Anlass wird in der Ausgabe vom 4. März auf der ersten von vier Seiten aufgegriffen. Von einem Siegerkranz umrahmt wird ganzseitig eine Depesche von Kaiser Wilhelm I. an seine Frau Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach abgebildet. Unter der Überschrift "Friede!" heißt es: "Soeben habe ich den Friedensschluss ratifiziert, nachdem er schon gestern in Bordeaux von der Nationalversammlung angenommen worden ist." Im Weiteren wird in der Mitteilung die Tapferkeit der Soldaten gerühmt und für Gottes Hilfe gedankt.

Neben Details über diese historische Begebenheit können Museumsbesucher zukünftig auch profanere Dinge über den Mönchengladbacher Alltag dieser Zeit erfahren - sofern sie Deutsch verstehen und Frakturschrift lesen können. Im "Annoncen"-Teil gibt es zum Beispiel eine Ankündigung, dass in Giesenkirchen "54 Stühle, 15 Wirthstische, 1 Schreibpult, 2 Bettstellen (...) gegen Barzahlung zwangsweise versteigert werden". "Ein starker Mann" sucht eine Stelle als Pferdeknecht, und jemand Anderes bietet "Steinkohlen der besten belgischen Gruben, für Maschinen- wie Ofenfeuerung" zu "mäßigen Preisen" an. Auch ein "fehlerfreies, siebenjähriges Ackerpferd" wird zum Verkauf angeboten.

Im Museum in Gravelotte wurde die mehr als 140 Jahre alte Zeitung jetzt konserviert und digitalisiert. Die Ausgabe ist insgesamt gut erhalten, lediglich das Papier ist etwas vergilbt und die Ecken sind etwas abgegriffen. Jürgen Klomp hofft, dass das Stück Gladbacher Zeitgeschichte bald in einer der wechselnden Ausstellungen zu sehen sein wird. Ihm gefällt der Ansatz des Museums, neben der französischen Perspektive auf den Krieg auch der deutschen Platz einzuräumen. Auch werden Exponate auf Deutsch erläutert, in französischen Museen eher eine Seltenheit. Bald will das Ehepaar wieder nach Gravelotte reisen.

(RP)
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