Mönchengladbach Ein Gladbacher stürmt James Bonds "Skyfall"

Mönchengladbach · Vi-Dan Tran ist Stuntman im neuen 007-Streifen. Mit eigenen Filmen wollen er und seine Freunde die deutschen Jackie Chans werden.

Mönchengladbacher Stuntmen im 007-Streifen Skyfall
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Der Moment, in dem Bond-Darsteller Daniel Craig das Set betritt, ist Vi-Dan Tran unvergessen. Obwohl Fotos beim Dreh streng verboten sind, zückt der 28-jährige Gladbacher sein Handy und schießt ein verwackeltes Bild. "Diese Augen, die strahlen wirklich unglaublich", sagt der Stuntman. "Die sind heller als hellblau. Fast durchsichtig. Wenn Daniel Craig vor einem steht, wird man augenblicklich starr."

Die Faszination für die ganz großen Schauspieler der Branche — der 28-Jährige empfindet sie noch. Obwohl er mittlerweile Routine hat, was die Arbeit an internationalen Filmsets betrifft. Mehrere Wochen war er in London, probte für die Schlussszene des neuen James Bond. "Skyfall", das alte Herrenhaus, in dem Bond aufwuchs, wird am Ende des Kinofilms von seinen Feinden gestürmt. Einer von ihnen ist Vi-Dan Tran. Der Stuntman trainiert seit Jahren für solche Szenen. Kampfsport, Tricking und Akrobatik sind seine leichtesten Übungen. Spezialisiert hat er sich eigentlich auf Hong-Kong-Fights, wie man sie von Jackie Chan kennt. Mit einer Gruppe von neun Gladbachern hat er das "TeamBay" gegründet.

Angefangen hatte alles zu Schulzeiten. Damals war Vi-Dan begeisterter Kampfsportler und Akrobat. Er lernte Gleichgesinnte kennen, zunächst alles Asiaten. Nach dem Abitur beschloss die Gruppe, ihr Hobby professionell anzugehen. Aus Filmen und Internetvideos schauten sie sich immer neue Tricks ab.

Weil die Szene der Stuntmen in Deutschland vergleichsweise überschaubar ist, knüpften sie schnell Kontakte. Und über die bekamen einzelne Mitglieder der Gruppe wiederum die ersten Jobs vermittelt. Für das Modelabel Lacoste, die Automarken Skoda, Honda und VW und den Beautykonzern Wella spielten die Mitglieder in Werbespots mit. "Das bringt gutes Geld, ist auf Dauer aber nicht das, was wir machen wollen", sagt Tran.

Umso glücklicher der Zufall, dass sie bei einem Messeauftritt in Köln den Regisseur Granz Henman kennenlernten. "Euch brauche ich", sagte Henman, nachdem er einige Stunts der Jungs gesehen hatte. Für seinen Film "Teufelskicker", in dem auch Diana Amft, Benno Fürmann, Armin Rohde und Elyas M'Barek mitspielten, engagierte er Tran und seine Freunde. "Wir haben alle schwierigen Szenen gedoubelt, und wir waren die ganzen drei Monate am Set in Köln dabei", sagt der 28-Jährige.

Nach einem weiteren Einsatz in "Kleine Morde" des Dinslakener Regisseurs Adnan Köse war dann erst einmal Flaute. "2010 lief gar nicht gut. Wir dachten eigentlich: ,Jetzt sind wir drin, jetzt geht es los'. Aber das Geschäft hängt zu großen Teilen von Glück und Kontakten ab."

Die Gruppe gab nicht auf. Sonntags treffen sie sich in einer Sporthalle in Wickrath, unter der Woche trainiert jeder für sich. Hauptberuflich studieren die meisten Gruppenmitglieder. 2011 nahm die Karriere dann wieder Fahrt auf. Die Gruppe verbreitete selbstgedrehte Videos über ihren Youtube-Kanal, auf die auch die Stuntszene in Berlin aufmerksam wurde.

Für "Cloud Atlas", den neuen Kinofilm von Tom Tykwer, in dem unter anderem Tom Hanks und Halle Berry mitspielen, wurden Stuntmen gesucht. Drei Mitglieder von "TeamBay" schafften es in den Film. Nach mehreren Probetagen drehten sie drei Tage am Set. Die Arbeit hinterließ blaue Flecke — und einen Kontakt zum "Skyfall"-Team. "Eigentlich wollte ich im Februar mein Diplom machen, aber dann kam der Anruf aus London", sagt Tran. Es gibt dümmere Gründe, sein Studium zu unterbrechen: "James Bond — da überlegt man nicht lange."

Schon zwei Tage nach dem Anruf reiste der Gladbacher nach London, probte sechs Wochen in den legendären Pinewood Studios. "Am Set gehörten wir zu den jüngsten. Die meisten Stuntmänner sind zwischen 33 und 46 Jahre alt", sagt Tran. Dank der guten Vorbereitung ging am Drehtag alles schnell. "Nach drei Takes waren wir fertig", sagt der 28-Jährige, den besonders interessierte, wie die Profis am Set arbeiten. Denn Tran studiert Film in Aachen.

In Zukunft will die Gruppe eigene Produktionen drehen und damit langfristig auf sich aufmerksam machen. Denn auch wenn sie Weltrekorde einfahren (Khoa Hujnh steht im Guinness-Buch der Rekorde, weil er mit seinen Füßen in einer Minute fünf 2,5 Zentimeter dicke Holzbretter in der Luft zerschlug), im aktuellen Ebay-Weihnachtswerbespot mitspielen und bei der nächsten "Wetten, dass?!"-Folge auftreten — auf Dauer will TeamBay nach Hollywood. Oder wenigstens Berlin. "Das Ziel ist, eine eigene Marke zu sein", sagt Tran.

Der deutsche Jackie Chan — vielleicht kommt er ja wirklich bald aus Mönchengladbach.

(RP)
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