Olaf Nöller Ein letzter Liebesdienst am Verstorbenen

Mönchengladbach · Wie ist die Situation auf dem evangelischen Friedhof Nordstraße? Geht da auch die Zahl der Erdbestattungen zurück?

Wie ist die Situation auf dem evangelischen Friedhof Nordstraße? Geht da auch die Zahl der Erdbestattungen zurück?

Olaf nöller Ja, leider! Die Zahl der Erdbestattung ist auch bei uns jetzt unter 50 Prozent gesunken. Wir müssen für diese schöne Bestattungsform wieder verstärkt werben und den Menschen den Trost nahebringen, der darin liegt, dass wir unsere Toten in "Gottes Erde" legen dürfen.

Es wird als Argument häufig angeführt, dass die Angehörigen die Kosten der Erdbestattung scheuen. Trifft dies nach Ihrer Meinung zu?

nöller Die im Vergleich zur Urnenbestattung höheren Kosten fallen je nach Größe des Portemonnaies schon ins Gewicht. Auf der anderen Seite scheuen viele Menschen auch nicht solche Bestattungsformen, die erheblich teurer sind. Am Geld allein kann's nicht liegen.

Welche anderen Bestattungsformen sind an der Nordstraße möglich?

nöller Der "Renner" sind unsere "Rosengräber" für Urnen und Särge, weil sie vom Friedhof gepflegt werden und den Menschen die Sorge um die Grabpflege nehmen. Weitere Bestattungsformen - wie Urnengemeinschaftsgräber oder Baumbestattungen - sind in Arbeit. Wir denken sogar über ein "Erdkolumbarium" in einer aufgelassenen Fabrikantengruft nach.

Die Bestattungskultur ändert sich, es gibt zahlreiche andere Formen, die Angehörige für ihre Lieben wünschen. Müssen sich Stadt und Kirchen anders aufstellen?

nöller Die Wünsche der Hinterbliebenen muss man immer erst nehmen und das Gespräch mit Ihnen suchen. Auf der anderen Seite warne ich vor einem "Gemischtwarenladen". Es muss ein deutliches Konzept vorliegen, und das sieht auf unserem Evangelischen Friedhof in Rheydt vor, dass wir "wieder zu Erde werden", so wie Gott es dem Adam am Anfang ins Stammbuch geschrieben hat.

Gibt es auch einen Trend zur Anonymität:? Wollen Angehörige nicht mehr deutlich kenntlich machen, wo ihre Familie beerdigt ist?

nöller Ich habe beobachtet, dass "anonym" gerade nicht mehr im Trend liegt. Das war vor Jahren durch eine falsche Gebührenpolitik auf den städtischen Friedhöfen ausgelöst worden. Nein, die Menschen begreifen, dass die Trauer einen Ort braucht und dass "spurloses Verschwinden" nichts mit Totenwürde zu tun hat.

Viele scheuen auch den Pflegeaufwand, weil Familien oft nicht mehr ortsgebunden leben und die Pflege des Grabes übernehmen können: Ist das ein Argument für Grabeskirchen und Friedwälder?

nöller Wir müssen den Menschen deutlich machen, dass die Grabgestaltung nicht pompös und pflegeaufwendig sein muss. Es gibt auch sehr schlichte und gleichwohl würdige Grabgestaltungen, die man weitgehend sich selbst überlassen kann oder die ein fachkundiger Gärtner in Ordnung hält. Grabpflege ist auch Trauerarbeit und ein letzter Liebesdienst am Verstorbenen.

Wie stellt sich die evangelische Kirche in Rheydt auf, um den Ansprüchen einer veränderten Bestattungskultur gerecht zu werden?

nöller Wir planen neue Bestattungsformen, die zum Wesen eines traditionellen Friedhofs passen und dazu gehört nun mal der deutliche Bezug zu Gottes schöner Natur. Mir sind die Bestattungen in den neuen Grabeskirchen ehrlich gesagt zu abstrakt und entsinnlicht. Außerdem wird der Gedanke der letzen Ruhestätte dort nicht ernst genug genommen.

Das Friedhofskonzept der Stadt liegt immer noch nicht vor, obwohl daran seit Jahren gearbeitet wird. Was sagen Sie dazu?

nöller Mit meinen evangelischen und katholischen Kollegen hoffe ich sehr, dass die Stadt es bald schafft, ihr erneuertes Friedhofskonzept in Kraft zu setzen. Das Überleben - auch der städtischen - Friedhöfe liegt uns sehr am Herzen. Sie sind nicht nur ein kostbares Vermächtnis, sondern für das öffentliche Totengedenken einer Gesellschaft gänzlich unverzichtbar.

DIETER WEBER STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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