Mönchengladbach Ein Vagabund erzählt sein Leben

Mönchengladbach · Im biblischen Alter von 80 Jahren hat Dirk Hespers seine Autobiografie herausgebracht. Drei Jahre hat der Straßensänger, Sohn des von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfers Theo Hespers, an dem Buch geschrieben. Eine Fundgrube für alle, die sich an Abenteurernaturen begeistern.

Bei Dirk Hespers schlägt das Herz links, daraus hat der brummige Raubauz zeitlebens kein Hehl gemacht. Seit seiner frühen Jugend, die ihn zum Abenteurer werden ließ und durch zahlreiche Länder Europas trieb, versteht Hespers sich als ein Vagant, als fahrenden Straßensänger.

Lieder hat er geschrieben, zu einigen sogar die Melodie komponiert, darunter "Rote Sonne" oder "Großfahrt". Den Anfangsvers dieses Liedes des bündisch orientierten Mannes, der für diese Lebenseinstellung gleichwohl keinen Pfadfinderstamm benötigte, hat Dirk Hespers nun als Titel seiner lange geplanten Autobiografie gewählt: "Trampt durch Länder, Kontinente".

Einer wie Hespers hat sich, so der Eindruck, wenn man sich von ihm sein Leben erzählen lässt, zeitlebens durchschlagen müssen. Dies scheint ihm dann später, im Lehrberuf, als zweite Natur erhalten geblieben zu sein. Und so verwundert nicht, dass der Sohn des von den Nationalsozialisten ermordeten katholischen Widerstandskämpfers Theo Hespers auch als Aushilfe in einer Sonderschule, als Lehrkraft in einer Hauptschule und als Konrektor einer Grundschule in Windberg kein unbeschwertes Berufsleben hatte. Davon berichtet der Autor in dem Kapitel "Aus dem Leben eines seltsamen Lehrers".

Hespers alias Lehrer Brundahl berichtet davon, dass ihm "drei Millionäre der Stadt Mönchbach", wie er sie in dem Kapitel verkürzt, mit Beschwerden gegenüber der vorgesetzten Behörde das Leben schwer machten. Sie listeten angebliche pädagogische Fehler auf, darunter dies: "Lehrer B. hat von seiner Schulzeit in den Niederlanden erzählt und kund getan, dass er das niederländische Schulsystem dem deutschen vorzöge." Oder: "Lehrer B. hat den Kindern die Hamann-Geschichte erzählt und eine Strophe des Liedes gesungen" (Hamann war ein Massenmörder). Schließlich dieser Vorwurf: "Lehrer B. hat mit den Kindern seiner Klasse ausländische Lieder eingeübt, wo es doch so viele schöne deutsche Volkslieder gibt."

All das überstand "Drikkes", wie der Barde der Band "Dirk Hespers und die Makkers" genannt wurde, ganz gut. Gefährlicher war für ihn das Leben im Untergrund im von Nazi-Deutschland besetzten Eindhoven gewesen. Abenteuer pur waren auch die Nachkriegsjahre, die ihn mit dem Russen Juri Andrejew zusammenführte, mit dem er durch Nordafrika trampte und auf einem Schiff nach Schweden anheuerte. Die Polizei in General Francos Spanien lernt er kennen, und sogar von der libyschen Stadt Misrata, jüngst heftig umkämpft von Gaddafi-Truppen und Aufständischen in Libyen, handelt eine Episode.

Ein Buch im Selbstverlag herauszubringen, ist ohne professionelle Lektoren riskant. Durch kleine sprachliche Mängel gewinnen jedoch die Memoiren des Dirk Hespers noch an Authentizität. 1995 wurde er im Rathaus Abtei mit dem Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes für seine Verdienste um die rheinische Kultur geehrt.

(RP)
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