Mönchengladbach Eine Ausstellung, die unter die Haut geht

Mönchengladbach · Echte Körper - von den Toten lernen: So heißt eine Präsentation mit etwa 200 Exponaten, die noch bis Sonntag im Nordpark gezeigt wird. Wer sich darauf einlässt, wird eine Menge über seinen eigenen Körper erfahren.

 Die Entwicklungsstadien eines Fötus faszinieren die Besucher (oben). Rechts davon: ein Embryo in der 20. Woche. Die Exponate legen auch Muskeln und Sehnen frei.

Die Entwicklungsstadien eines Fötus faszinieren die Besucher (oben). Rechts davon: ein Embryo in der 20. Woche. Die Exponate legen auch Muskeln und Sehnen frei.

Foto: Inge Schnettler

Wer sich das Rauchen abgewöhnen will, sollte sich umgehend auf den Weg zum Nordpark machen. In dem weißen Zelt auf dem Messeplatz kann er sich eine gesunde und eine durch Rauch geschädigte Lunge ansehen. Der Vergleich sollte eine starke Entscheidungshilfe sein. Wer sich ansehen möchte, wie eine ausgeprägte Säuferleber aussieht, in der Präsentation "Echte Körper" wird er fündig. Auch das sollte helfen. Dennoch: Fies oder eklig ist nichts in dieser Ausstellung. Es riecht nicht streng, es läuft nichts aus, und die Exponate - plastinierte Körper und Teile von Körpern - befinden sich hinter Glas. Plastinieren: Das ist ein Verfahren, bei dem alle Flüssigkeiten und Fette durch Kunststoff ersetzt werden. So können die Leichenteile detailgetreu konserviert werden.

Mönchengladbach: Eine Ausstellung, die unter die Haut geht
Foto: Ilgner, Schnettler

Viele Schulklassen besuchen die Ausstellung, auch Studenten und Physiotherapeuten. Das beobachtet der Technische Leiter der Präsentation, Thomas Müller, der die Tour durch Deutschland begleitet und betreut. "Wir betonen immer den wissenschaftlichen Aspekt unserer Ausstellung." Die Besucher würden sich an den Exponaten ihren eigenen Körper mit allen Funktionen vergegenwärtigen. Wie viele Sehnen, Muskeln und Nerven ordentlich arbeiten müssen, damit der Mensch auch nur den kleinen Finger bewegen kann - das ist schon spannend. Zu sehen, wie die Leber ausgebaut ist, und dass die unerwartet kleine Gallenblase mittig zwischen dem linken und dem rechten Leberlappen eingebettet ist, wer weiß sowas schon? In einer Vitrine liegt die komplett abgezogene Haut eines Körpers - unfassbar schmiegsam sieht sie aus. Und das blinkende Material im Bein der alten Damen - das ist ein künstliches Kniegelenk, was sonst?

Mönchengladbach: Eine Ausstellung, die unter die Haut geht
Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Föten und Embryos in diversen Entwicklungsstadien sprechen die Emotionen der Besucher an. An dem nur neun Wochen alten Fötus ist so gut wie alles komplett fertig. Der 20 Wochen alte Embryo rührt zutiefst an. "An diesen Vitrinen stehen die Besucher ziemlich lange", sagt Thomas Müller. Auch ihm hätten die plastinierten Exponate viel zu denken gegeben - und seine Sichtweise verändert. "Früher habe ich mich immer gewundert, warum so kontrovers über das Thema Abtreibung gestritten wird. Jetzt weiß ich, worum es geht." Optisch erinnern die Exponate an Körper auf den Seziertischen der Universitäten, wo sie angehenden Medizinern zum Studium der Anatomie dienen. Die in Mönchengladbach gezeigten plastinierten Exponate sind eine Leihgabe der amerikanischen Firma Corcoran Laboratories aus Michigan, dem führenden amerikanischen Hersteller medizinischer Präparate für medizinische Fakultäten. Das Unternehmen stellt die Exponate für die Dauer der Wander-Ausstellung zur Verfügung. Nach deren Ende werden die Exponate zurückgegeben. Die Körper, die in der Ausstellung zu sehen sind, wurden von Amerikanern zu Lebzeiten zur Verfügung gestellt. Sie haben darüber verfügt, dass ihr Körper nach dem Tod der Ausbildung von Medizinern sowie der Aufklärung von Laien dienen soll. In den USA spenden jährlich etwa 20 000 Menschen ihre Körper der wissenschaftlichen Anatomie.

Mönchengladbach: Eine Ausstellung, die unter die Haut geht
Foto: Inge Schnettler
Mai 2014: Körperwelten in Hamburg
8 Bilder

Mai 2014: Körperwelten in Hamburg

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Die Ausstellung "Echte Körper - Von den Toten lernen" gastiert noch bis einschließlich Sonntag, 22. Februar, auf dem Messegelände im Nordpark. Geöffnet ist täglich von 11 bis 18 Uhr, der Eintritt kostet 15 Euro für Erwachsene, zehn Euro für Studenten und Schüler und vier Euro für Kinder bis sechs Jahre.

(RP)
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