Mönchengladbach Eine Gladbacher Band verzaubert Berlin

Mönchengladbach · Das Duo Lonski & Classen tourte bereits mit Yann Tiersen, morgen feiert es die Veröffentlichung seines zweiten Albums an Frank Castorfs traditionsreicher Volksbühne. Die ersten Auftritte gab es einst beim "Umsonst & draußen"-Festival.

 Lukas Lonski (li.) und Felix Classen bilden das gleichnamige Duo.

Lukas Lonski (li.) und Felix Classen bilden das gleichnamige Duo.

Foto: Michael Breyer

Ihre Songs sind wie Spinnweben. Zart und feingliedrig, aber doch ein Ausbund an Naturgewalt. Linear und doch verwoben. Vertrackte Meisterwerke der Ingenieurskunst, aber gleichzeitig unprätentiös. Sie funkeln unschuldig in der Sonne, und doch fangen sie einen ein. Ausdrücke wie "melancholisch-entrückt", "lakonisch" und "elegisch" wählt der Berliner "Tagesspiegel", um ihre reduziert-raumgreifende Musik in ein Wortkorsett zu fassen. Der Artikel gipfelt in der Feststellung, dass sie nichts Geringeres zuwege bringen, als der Musikmetropole Berlin einen neuen, ganz eigenen Klang zu geben. Ihr zweites Album "All Tomorrow is Illusion", das nächste Woche erscheint, präsentieren sie morgen erstmals live, und zwar an der traditionsreichen Berliner Volksbühne von Frank Castorf.

Das Duo Lonski & Classen, von dem die Rede ist, formte sich jedoch nicht zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz, sondern im Prinzip schon an der Grundschule am Bäumchesweg — in Mönchengladbach. "Seit damals schon sind wir befreundet", sagt Schlagzeuger Felix Classen, Jahrgang 1981. Es folgten Hugo-Junkers-Gymnasium bzw. Math.-Nat., doch schon seinerzeit war den beiden klar: Sie wollen ihre Leidenschaft für die Musik zum Beruf machen. Sie versuchten sich in etlichen Bands: Los ging es mit Grunge à la Nirvana, später gehörten sie einer sechsköpfigen Funk-Jazz-Combo an. Ende der 90er traten sie als Trio und unter dem Namen "Djentleman" beim "Umsonst & draußen", dem Vorläufer des "Horst"-Festivals, auf. Nach dem Zivildienst reisten die beiden mit Rucksack und Wandergitarre ein ganzes Jahr lang durch Südamerika. Anschließend zog es sie nach Berlin, zum Studium der Musik- (Lonski) bzw. Wirtschaftswissenschaften (Classen) — und wo sie sich längst etabliert haben.

Als Musikproduzenten für Film, Theater und Werbung mit ihrem eigenen Studio, aber speziell als musikalisches Duo. Ihre Musik wabert, stets gewürzt mit einer starken eigenen Note, irgendwo zwischen Portishead und Yo La Tengo, zwischen Gitarre und Computer, zwischen sphärischem Gesang und hauchdünnem Schlagwerk — oder eben "zwischen Kammerpop und heimlich wuchernder Elektronik", wie es im Pressetext für das neue Album heißt. Darauf wirkt niemand Geringeres als Yann Tiersen mit, der französische Komponist, der den Film "Die fabelhafte Welt der Amélie" vertonte. Der besuchte einst zufällig ein Konzert der beiden und lud sie 2010 dazu ein, ihn auf seiner Tour zu begleiten. Das Duo spielte als Tiersens Vorgruppe 60 Konzerte in ganz Europa. "Das war unsere Live-Schule", sagt Classen heute. Und blickt schon nach vorne. Denn mittlerweile, wie morgen an der Volksbühne, sind sie selber der Haupt-Act.

Während der Wartezeit auf die mehrmals verschobene Album-Veröffentlichung riefen die beiden ihre Fans dazu auf, ihnen Hits zum Covern vorzuschlagen. "Wir konnten es nicht aushalten, in musikalischer Funkstille zu leben", sagt Classen. Die aufwändig produzierten Songs — darunter welche von Falco, Coldplay und Prince — entwickeln in ihrer Hand noch mal eine ganz eigene Dynamik. Ein Traum wäre es, da sind die beiden Musiker sich einig, bei einem großen Festival wie dem Primavera in Barcelona aufzutreten. "Und bei mir wird irgendwie auch der Wunsch immer größer, meiner Heimatstadt Mönchengladbach etwas zurückzugeben", sagt Felix Classen. "Ich hätte zum Beispiel gut Lust, 2015 bei einer Art Sommer-Camp für Jugendliche oder bei Kulturworkshops mitzuwirken."

Interview mit der Band: https://vimeo.com/88190474 Coversongs: http://coversongs.lonskiandclassen.com/ Plattenfirma mit Angaben zum Album und Konzerten: www.osthafen.org/

(RP)
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