Getöteter Säugling in Mönchengladbach Eltern des kleinen Leo sind voll schuldfähig

Mönchengladbach · Nach Ansicht der psychiatrischen Sachverständigen sind die Eltern des getöteten kleinen Leo aus Mönchengladbach strafrechtlich ohne Einschränkung verantwortlich. Dem Vater des getöteten Säuglings bescheinigt ein Gutachten eine narzisstische Persönlichkeit.

Prozess um getöteten Säugling Leo in Mönchengladbach
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Prozess um getöteten Säugling Leo

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Foto: Hans-Peter Reichartz

Im Schwurgerichtssaal des Mönchengladbacher Landgerichts blieb es Montag überraschend still. Zwei psychiatrische Sachverständige hatten im Leo-Prozess die Hauptrolle inne. Sie hatten die Eltern des getöteten 19 Tage alten Säuglings auf deren strafrechtliche Verantwortlichkeit untersucht und am Ende die Angeklagten für voll schuldfähig erklärt.

Für die Eltern des kleinen Leo war es der fünfte Prozesstag, den sie vor der 7. Großen Strafkammer auf der Anklagebank verbringen mussten. Der Vater (26) des Säuglings muss sich wegen Mordes, Misshandlung von Schutzbefohlenen und schweren sexuellen Kindesmissbrauchs verantworten. Der Mutter (25) von Leo wirft die Staatsanwältin Totschlag durch Unterlassen vor. Der Vater hatte bereits zu Prozessbeginn zugegeben, den Jungen in der Nacht zum 21. Oktober 2015 massiv misshandelt und am Ende dessen Kopf auf eine Tischkante geschlagen zu haben, bis er tot war. Leos Mutter bestreitet, sich in der Tatnacht im Nebenzimmer schlafend gestellt zu haben, obwohl sie die Schreie des Kindes gehört haben soll. Laut Anklage soll die 25-Jährige billigend in Kauf genommen haben, dass ihr Mann Leo tötet.

In seinem frühen Geständnis hatte der Angeklagte gesagt, er könne die Tat nicht erklären. Danach hatte er den Prozess schweigend verfolgt. Der psychiatrische Sachverständige Norbert Leygraf machte gestern in einem überzeugenden Gutachten die erschreckend narzisstische Persönlichkeit des Angeklagten sichtbar. Der 26-Jährige sei während des Gesprächs kooperativ gewesen. "Auch nach dieser Tat wirkte der Mann keineswegs bedrückt. Er wischte sich die Augen. Aber es waren keine Tränen zu sehen. Offenbar genoss er es, im Mittelpunkt zu stehen", erinnerte sich der Gutachter.

Mit frappierender Sachlichkeit habe der 26-Jährige den Tathergang geschildert. Die Entsetzlichkeit seines Tuns habe der Mann überhaupt nicht begriffen, so der Sachverständige. Nach der Geburt des Sohnes habe er sich in der kleinen Familie zurückgesetzt gefühlt, habe der Angeklagte gesagt. "In einer seltsam gestelzten Sprache redete der Angeklagte über den 19 Tage alten Leo wie über einen erwachsenen Nebenbuhler", erklärte der Gutachter.

Bereits als Schüler sei der Angeklagte mit aggressiven Handlungen aufgefallen. Er habe sich selbst als "immer aggressiv breit" bezeichnet. Drogen habe er bereits frühere konsumiert, hatte der Angeklagte zugegeben. Zur Tatzeit habe er sich außerdem größere Cannabismengen verschafft.

Das nahm ihm allerdings Professor Leygraf nicht ab. Denn ein Düsseldorfer Rechtsmediziner hatte gestern zu Prozessbeginn das Ergebnis der Blutprobe des Angeklagten bekanntgegeben. Danach stimmten die Angaben des 26-Jährigen zum Cannabiskonsum nicht. Der Angeklagte besitze nur eine geringe Frustrationstoleranz, könne sich nur schwer in Hierarchien einordnen und zeige nur einen geringen Leistungswillen. Mit dem Säugling sei er wahrscheinlich überfordert gewesen. Aber strafrechtlich sei der 26-Jährige voll verantwortlich, war der Gutachter überzeugt.

Auch die psychiatrische Sachverständige Dr. Nahlah Saimeh, die die Mutter von Leo begutachtet hatte, war am Ende überzeugt, dass die 25-Jährige strafrechtlich voll verantwortlich ist. Leo sei ein Wunschkind gewesen, hatte die Angeklagte der Gutachterin gesagt. Und sie sei damals von einem plötzlichen Kindstod und nicht von einem Verbrechen ausgegangen. In der polizeilichen Vernehmung sei sie unter Druck gesetzt worden. Sie habe einfach alles abgenickt, was man ihr gesagt habe. "Aber das stimmt nicht. Ich habe in der Nacht geschlafen", hatte sie beteuert.

Der Prozess wird mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung am morgigen Mittwoch fortgesetzt.

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