Mönchengladbach Endstation Tierheim

Mönchengladbach · Immer mehr "Sozialfälle" landen im Tierheim. So auch Wotan. Das Ordnungsamt brachte den geschundenen Hund. Er und seine Leidensgenossen sind schwer vermittelbar. Das gilt auch für Kampfhunde, die mehrere Käfige füllen.

Wotan sieht schrecklich aus. Der altdeutsche Schäferhund hat sich das Fell großflächig weggekratzt, sein Gesicht ist kahl, am Körper und den Beinen liegt die entzündete Haut bloß. Mit hängendem Schweif und auf wackeligen Beinen steht er da. Und wenn je ein Hund traurig geguckt hat, dann ist es Wotan. Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben den Hund vor wenigen Tagen ins Tierheim gebracht. Seine Besitzer haben den von aggressiven Milben befallenen Hund nicht behandeln lassen. Jetzt wird er im Tierheim gepflegt. "Wir können ihn wieder gesund machen, aber das dauert sehr lange", sagt Charlotte Kaufmann.

1200 Tiere kommen im Jahr

Die Tierheim-Leiterin hat viele erbarmungswürdige Vierbeiner gesehen und gepflegt. "Wir sind dazu verpflichtet, ausgesetzte und aus unwürdigen Bedingungen gerettete Tiere aufzunehmen." Die Stadt schießt ein Drittel der Kosten für das Heim bei, der Rest kommt aus Spenden und Vermittlungen. Pro Jahr bringt das Ordnungsamt etwa 100 Hunde, die im vermeintlichen Zuhause keine Überlebenschance hätten. Das heißt, fast ein Drittel der jährlich etwa 350 Tierheim-Hunde sind "Sozialfälle". Insgesamt sind es um die 1200 Hunde, Katzen und Kleintiere, die jährlich am Hülserkamp betreut werden.

Wotan wird einige Wochen in Quarantäne bleiben müssen, da die Milben auf andere Tiere übergehen können. Ob er später vermittelt werden kann, ist fraglich. "Alte und kranke Tiere und natürlich die so genannten Kampfhunde werden bei uns zu Dauergästen", sagt Charlotte Kaufmann. Davon hat sie eine ganze Menge im Angebot. Von den 40 Hunden, die derzeit in der Anlage in Lürrip leben, ist die Hälfte schwer oder möglicherweise gar nicht vermittelbar. "Und das wird noch viel schlimmer", sagt die Tierheim-Chefin. Dann nämlich, wenn die Stadt die Daten über Kampfhunde zwischen Ordnungsamt und Steueramt abgeglichen hat.

"Alle in Gladbach gemeldeten Hundebesitzer haben bislang den ganz normalen Steuerbescheid erhalten", sagt Dirk Rütten von der städtischen Pressestelle. "Diejenigen, die in angemessener Frist keinen erfolgreich bestandenen Wesenstest für ihren Kampfhund vorlegen, müssen den erhöhten Hundesteuersatz zahlen." Das bedeutet: Statt der normalen jährlichen Zahlung von 120 Euro pro Hund bezahlen Halter der als Kampfhunde eingeordneten Rassen 720 Euro. "Das können sich viele überhaupt nicht leisten", sagt Charlotte Kaufmann. "Etliche dieser Hunde werden dann wohl bei uns landen." Und bleiben.

Da hat es der kleine Satchmo, der von allen Baby gerufen wird, wahrscheinlich besser. Der etwa vier Wochen junge Hund wurde von Spaziergängern — in einem Farbeimer ausgesetzt — im Bresgespark gefunden. Jetzt wird er im Tierheim mit Welpenmilch aufgezogen und tierärztlich versorgt. Und sicher findet er bald ein neues Zuhause.

(RP)
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