Serie Was Macht Eigentlich? Er holte Marek Lieberberg nach Gladbach

Mönchengladbach · Friedhelm Demandt hat in den 80er Jahren als Geschäftsführer den neuen Nürburgring "gebaut". Unter seiner Führung gab es dort 1985 das allererste "Rock am Ring". Nun hat der Wickrather den Anstoß gegeben, das legendäre Festival nach Mönchengladbach zu holen.

Millionen Menschen haben schon "hautnahen" Kontakt zu Friedhelm Demandt gehabt: Sie haben in Sportarenen aller möglichen Länder auf Sitzen gesessen, die nach den Maßen des Hinterteils des Mönchengladbachers geformt sind.

Als Anfang der 80er Jahre der neue Nürburgring gebaut wurde, hat der heute 75-Jährige "Modell gesessen" für einen neuen Typ Sitzschalen. Er war Geschäftsführer der Nürburgring GmbH und feilschte "um jeden Pfennig", um die Kosten zu drücken. Und da waren die Sitzschalen schon ein nicht zu vernachlässigender Posten, wenn sie 64 D-Mark das Stück kosten sollten. "Denn wir brauchten immerhin 65 000 davon", erzählt Demandt. Er hat damals eine Essener Firma aufgetan und den Preis auf 22 Euro pro Stück gedrückt: "Dieser neue Sitztyp wurde dann hunderttausendfach für alle möglichen Sportstätten in vielen Ländern produziert - nach den Maßen meines nicht gerade zu klein geratenen Hinterteils."

Kosten drücken und Planzahlen einhalten: Das ist ein Fachgebiet des gebürtigen Siegeners, der seit fünf Jahrzehnten mit und von Automobilen lebt und seit 1976 in Wickrath wohnt. Der Hobby-Automobilrennfahrer kam 1979 aus der Geschäftsleitung von BMW Hammer Mönchengladbach als Geschäftsführer an den Nürburgring. Mit der großen Aufgabe, den Neubau der legendären, aber hoffnungslos veralteten Rennstrecke in der Eifel umzusetzen. Doch es kam sehr bald der große Knall: 75 Millionen Mark hätte der neue Ring nach den von ihm vorgefundenen Plänen kosten sollen. Und dann wurden daraus in der Planung plötzlich 140 Millionen. Der Bund, der wie das Land Rheinland-Pfalz die Hälfte der GmbH-Anteile hielt, stieg aus.

Doch das Desaster wurde abgewendet: Demandt, der neue "Chef am Ring", ließ neu, kleiner (4,5 statt 6,6 Kilometer Streckenlänge) und an anderer Stelle mit günstigerer Topographie planen: "Die Tribünen zum Beispiel wurden viel billiger, weil wir sie in vorhandene Hügel bauten. Und auch sonst sparten, so auch an den Sitzschalen." Im Mai 1984 wurde nach dreijähriger Bauzeit der neue Nürburgring eröffnet - für die 73 Millionen Mark, die Demandt versprochen hatte.

Dennoch ging Demandt eineinviertel Jahr später, verärgert: "Die Politik mischte sich immer mehr ein. Die Arbeit machte mir keinen Spaß mehr. Ich ging ein Jahr vor Auslaufen meines Vertrages. Wäre ich geblieben, ich würde heute nicht mehr leben, sondern wäre längst an Magengeschwüren gestorben. Ich hatte immer wieder vor persönlichen Verflechtungen gewarnt. Leider erfolglos", sagt er. "Meine Befürchtungen haben sich dann ja bestätigt. Es gab zehn Jahre lang keinen Formel-1-Grand-Prix am Ring. Und schließlich das Desaster bis hin zur Insolvenz im vergangenen Jahr - die nun mit dem Verkauf des Nürburgrings hoffentlich auf Dauer abgewendet ist."

Friedhelm Demandt kehrte 1985 zurück zu seinen beruflichen Wurzeln: dem Verkaufen. Angefangen hat der gelernte Industrie-Kaufmann damit schon als 15-, 16-Jähriger bei der Siegener Metallwarenfabrik SIEGAS. Als Lehrling "führte" er die Düsseldorfer Niederlassung, verkaufte Kühlschränke, organisierte den Kundendienst. Der erste Kontakt zum Fahrzeuggeschäft kam bei den Kässbohrer Fahrzeugwerken in Ulm, wo er unter anderem Pferdetransporter verkaufte. Danach war er für einen Hersteller von Verkaufs-Fahrzeugen (etwa für Marktbeschicker) tätig. Und landete 1962 bei einem VW- und Porsche-Händler im Westerwald.

Es ging zügig die Karriereleiter hinauf, unterstützt von einem Betriebswirtschafts-Fernstudium. Stationen: Mercedes, Renault Deutschland und 1976 BMW Hammer, das ihn nach Gladbach führte, wo er seine neue Heimat gefunden hat. Hier blieb er auch während der sechs Jahre am Nürburgring und anschließend bei Toyota Deutschland sowie als Fiat-Chef in Essen und in Düsseldorf: "Dort hatte ich 95 Mitarbeiter. Wir haben für 26 Millionen neu gebaut - und den Kostenrahmen exakt eingehalten." Darauf versteht er sich halt, ob am Nürburgring oder woanders.

Seinen Sachverstand vermittelt Friedhelm Demandt seit 1999 immer noch als freiberuflicher Consultant an Firmen im Automobilbereich. Und, ehrenamtlich, in der Politik, zum Beispiel als Vorsitzender des Landesfachausschusses NRW der FDP: "2008 bin ich spontan in die Partei eingetreten, weil mich nicht länger nur ärgern wollte, sondern versuchen, etwas zu ändern." Die letzten fünf Jahre saß der Wickrather für die FDP in der Bezirksvertretung MG-West. "Leider hat es jetzt mit meiner Wiederwahl nicht geklappt."

Doch langweilig wird ihm nicht. Motorsport, aktiv betrieben von 1962 bis 2008, "mit vielen Erfolgen als Hobbyfahrer", Segeln seit 1974 und bis heute, Tennis bei Blau-Weiß Wickrath: Das sind Friedhelm Demandts Hobbys, Hinzu kommt seine Neigung zu Italien. Er war viele Jahre Präsident und Generalsekretär der Deutsch-Italienischen Wirtschaftsvereinigung in Düsseldorf, ist Initiator des jährlich verliehenen deutsch-italienischen Wirtschaftspreises. Er ist Consultore der Academia della Cucina Italiana, die sich Förderung und Erhalt der original italienischen Küche widmet. Ihre regelmäßigen Restaurant-Tests werden weltweit veröffentlicht.

Demandt ist seit 2000 "Cavaliere Ufficiale": Ein Titel, der vom Staats- und Parlamentspräsidenten für Verdienste um die Republik Italien verliehen wird und vom deutschen Bundespräsidenten bestätigt werden muss. "Cav. Uff." oder noch einfacher "Cav." lautet die Abkürzung, die dem Namen ähnlich wie ein Doktortitel vorangestellt wird.

Und dann ist da immer noch der Nürburgring, der Demandt nie losgelassen hat. Als 2011 mit der Insolvenz das Ende der legendären Rennstrecke drohte, war der Wickrather bei der Gründung des gemeinnützigen Vereins "Freunde des Nürburgrings" dabei. In ihm haben sich Sport, Kultur, Medien und Persönlichkeiten aller Lebensbereiche zusammengeschlossen, die eines eint: die Faszination des "Rings".

Friedhelm Demandt ist seit der Gründung Geschäftsführer. Und hofft nach langem Bangen nun zuversichtlich, dass mit dem Kauf des Rings durch den Automobil-Zulieferer Capricorn mit seinen Rennsportwurzeln die Zukunft als Motorsport-Mekka gesichert ist: "Ich kannte die Firma, die bis vor wenigen Jahren hier in Mönchengladbach gesessen hat, nur vom Namen her, hatte keinen direkten Kontakt", sagt Demandt. "Wir Freunde des Nürburgrings haben uns mit Capricorn vor der Vergabe informell getroffen und waren sehr beeindruckt, hatten aber keinen Einfluss auf die Entscheidung. Doch wir sind mit den Plänen voll einverstanden."

(RP)
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