Mönchengladbach Erleichterung pur nach dem 300. Schuss

Mönchengladbach · Christoph Korsten (54) aus Lürrip hat den störrischsten Vogel der Neuzeit bezwungen - in einem epischen Schießen. Er ist nun für ein Jahr König der Könige. Schon 2008 hatte er beim Schießen um die Bezirkskönigswürde sein Glück versucht.

 Nachdem er den Vogel von der Stange geholt hatte, nahm der neue König erst einmal ein Bad in der Menge. Anschließend zückte Christoph Korsten sein Handy, um seiner Frau Silvia die frohe Botschaft zu vermelden.

Nachdem er den Vogel von der Stange geholt hatte, nahm der neue König erst einmal ein Bad in der Menge. Anschließend zückte Christoph Korsten sein Handy, um seiner Frau Silvia die frohe Botschaft zu vermelden.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Je länger dieses epische Schießen im zeitweise heftigsten Regen auf dem Kapuzinerplatz dauerte, desto tiefer flogen die Witze. Der frühere Altstadt-Sheriff Josef Vitz bot spaßeshalber 9-mm-Munition zur Versteigerung an. Andere wollten wahlweise mit Pflastersteinen oder Tomaten auf den Vogel werfen. T-Shirts mit "Ich war beim Rekordschuss dabei" wurden gedanklich schon designt. Nur einer flog nicht: der Holzvogel, der in der Werkstätte des Volksvereins offensichtlich mit viel handwerklicher Mühe gefertigt worden war.

 Bezirkspräses Johannes van der Vorst legte Christoph Korsten die Schärpe und das Silber um und krönte ihn damit.

Bezirkspräses Johannes van der Vorst legte Christoph Korsten die Schärpe und das Silber um und krönte ihn damit.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Schon nach einer Stunde hing er in scheinbar bedrohlicher Schieflage, wehte eine weitere Stunde später bei starkem Wind hin und her. Doch wohin die Schützen auch zielten, der Vogel blieb oben. Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, der stundenlang mitgefiebert hatte, musste dann doch zu seinem nächsten Termin nach Venlo abfahren, ohne zu wissen, wer der neue Bezirkskönig ist.

 Zusammen mit seinen Ministern Kurt Kochen und Frank Mösges sowie seinem Adjutanten fuhr die neue Bezirksmajestät bei der gestrigen Parade in der Kutsche vor.

Zusammen mit seinen Ministern Kurt Kochen und Frank Mösges sowie seinem Adjutanten fuhr die neue Bezirksmajestät bei der gestrigen Parade in der Kutsche vor.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Manch einer der Zuschauer wunderte sich, wie kalt einem Anfang September an der frischen Luft werden kann. Und Bezirksbundesmeister Horst Thoren wurde langsam unruhig. Schließlich sollten um 20 Uhr alle Schützen aufgewärmt und umgezogen beim Ball in der Kaiser-Friedrich-Halle sein. "Wenn wir bis zum 300. Schuss keinen Sieger haben, losen wir", schlug Thoren vor - und musste erleben, dass auch das Schützenvolk Volksaufstände kennt. "Schiebung" und "Buh" hallte es derart überzeugend über den Kapuzinerplatz, dass Thoren seufzend ausrief: "Na gut, dann schießen wir halt bis zum Morgengrauen."

Der störrischste aller Bezirksvögel der Neuzeit tat dann allerdings, um 17.31 Uhr, doch noch wie ihm schon lange vorher geheißen: Nach dem 300. Schuss - den Horst Thoren ja als kritische Grenze definiert hatte - fiel er von der Stange. Christoph Korsten (55), Elektroinstallateur aus Lürrip, riss die Arme nach oben, sprintete zu seinem Schützenzug (der ihn in den Stunden zuvor unter anderem mit dem Schlachtruf "Auswärtssieg" angefeuert hatte") und zückte anschließend das Handy, um seiner Frau Silvia die frohe Botschaft plus die Versicherung "Ich hab Dich lieb. Heute tanzen wir in der Kaiser-Friedrich-Halle" zuzurufen.

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Foto: Kricke

Christoph Korsten (54) von der Pfarrbruderschaft St. Petrus und Paulus hatte schon im Jahr 2008 als Lürriper König beim Schießen um die Bezirkskönigswürde sein Glück versucht. Sieben Jahre später ist er nun tatsächlich König der Könige. Durchs Schützenjahr begleiten werden ihn als Minister Kurt Kochen aus Dahl (der sogar schon zum vierten Mal als Kandidat antrat) und Frank Mösges aus Wickrathhahn. 13 Aspiranten, und damit so viele wie lange nicht mehr, traten auf dem Kapuzinerplatz an. Schon im vergangenen Jahr hatte das Schießen um die Bezirkskönigswürde ungewöhnlich lange gedauert. Damals war allerdings "schon" nach dem 192. Schuss der Vogel gefallen. So hartnäckig wie diesmal war der Holzvogel noch nie gewesen.

(RP)
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