Mönchengladbach Festhalten am "Projekt Europa"

Mönchengladbach · Im "Grünen Salon" stellte Ralf Fücks sein neues Buch vor. Der Autor plädierte für selbstbewusste Demokratie und eine aktive Bürgergesellschaft.

Sich einmischen ist für Ralf Fücks Tugend und politisches Elixier. "Wir können über alles streiten, aber wir müssen die gemeinsamen Institutionen der Demokratie verteidigen, die uns helfen, Konflikte konstruktiv auszutragen", betont der Autor. In der VHS stellte er die Grundthesen seines Buches "Freiheit verteidigen" vor. Eingeladen hatte der Arbeitskreis "Grüner Salon" in einer Reihe der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Moderator Peter Brollik unterstrich zum kleinen Jubiläum des Salons das Anliegen der Stiftung, die für eine offene, demokratische und liberale Gesellschaft eintrete. Er stellte den Gast als einen seit den 1970er Jahren politisch und publizistisch aktiven Menschen vor. Fücks ist seit Beginn der Heinrich-Böll-Stiftung im Vorstandsduo, war Bundesvorsitzender der Grünen und Senator für Umwelt und Stadtentwicklung in Bremen. Im kurzen Exkurs erinnerte er an das Ende der 1980er und den Beginn der 1990er Jahre, als die Spaltung Europas überwunden und die Welt sich in Richtung einer liberalen Demokratie zu bewegen schien. "Doch inzwischen treten autoritäre Regime zunehmend selbstbewusst gegen die liberale Demokratie auf", sagte Fücks. Zu den antiliberalen Tendenzen in Europa sagte er mit Blick auf die Wahlen in Österreich und in den Niederlanden: "Man kann hoffen, dass der Zenit überschritten ist. Paukenschläge wie der Brexit waren Weckrufe, doch damit sind die Krisen nicht aus der Welt."

Als Gemeinsamkeiten der nationalistischen Parteien nannte er die Ablehnung der Globalisierung, den Wunsch, sich abzuschotten und nach ethnischer Homogenität sowie die Wunschvorstellung eines Konzepts von Volksdemokratie anstelle von Parlamentarismus. Diese Gemeinsamkeiten seien lange Tradition im europäischen Denken gewesen und damit keine "Eintagsfliegen". Als Schlüsselereignisse für das Wiedererwachen einer überwunden geglaubten Tradition bezeichnete Fücks die Finanzkrise als Zeichen für die Krisenanfälligkeit der Globalisierung, ein damit verbundenes Gefühl der Ungerechtigkeit und schließlich die globale Migration. "Wir müssen nachdenken, wie wir die Frage nach Sicherheit im Wandel anders beantworten als die Populisten", hob Fücks hervor.

Als mögliche Antworten nannte er eine bewusste Gestaltung von Globalisierung, das Festhalten am "Projekt Europa" und eine Stärkung der öffentlichen Institutionen sowie Bildung und Weiterbildung. Nicht akzeptabel sei die wachsende Ungleichheit von Chancen im Bildungssystem. Er hob die "innere Sicherheit" hervor, die vom eigenen Selbstbewusstsein geprägt ist. "Wer sich als Opfer fühlt, lässt sich durch autoritäre Regimes mitreißen", hob Fücks hervor. Er lobte die Demokratie als Staatsform, die Korrektur erlaube und friedliche Machtwechsel. Fücks mahnte eindringlich: "Demokratie ist eine historische Errungenschaft, mit der man nicht leichtfertig spielen sollte".

(anw)
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