Mönchengladbach Festival der Referenzklasse

Mönchengladbach · Bei der ersten Jazz-Visions-Night im BIS sorgen fünf Bands für Hochspannung. Mehr als 100 Musikfreunde genießen die Premiere.

 Die Gladbacher Nachwuchsmusiker von "Fourfold" begeisterten bei der ersten Jazz-Visions-Night im BIS.

Die Gladbacher Nachwuchsmusiker von "Fourfold" begeisterten bei der ersten Jazz-Visions-Night im BIS.

Foto: Detlef Ilgner

Robert Hurasky ist überall - und fast gleichzeitig. Auf jeden Fall ist der Organisator der ersten Jazz-Visions-Night im Kulturzentrum BIS das sprichwörtliche Mädchen für alles: Der Fachleiter für Popularmusik an der Musikschule betreut die Gastmusiker aus fünf Bands, die er für das Festival engagiert hat, hält mit der Smartphone-Kamera die schönsten Auftrittsszenen fest, schleppt einen Kasten Wasser in die Künstlergarderobe neben der Bühne. Dabei bleibt der Macher der Konzertreihe stets ganz ruhig.

Als Schlagzeuger Hurasky sich für die Förderung des Abends durch das Kulturbüro und den Kulturausschuss bedankt, sind sämtliche Sitzplätze im Saal besetzt. Deutlich mehr als 100 Jazzfreunde sind gekommen, nach dem Auftakt mit vier Nachwuchsmusikern aus Gladbach, die als Band "Fourfold" bereits 2016 bei "Jugend jazzt" einen Preis erspielt haben, hört auch Oberbürgermeister Reiners gebannt und in bester Laune zu. "Fourfold", das ist (fast) eine Familie, drei Mitglieder sind Geschwister, nämlich Johanna Micha (Posaune, Gesang), Luzie Micha (Trompete, Gesang) und Gitarrist Moritz Micha. Am Drumset versieht Amon Verlinden die rhythmische Basisarbeit. Das blutjunge Quartett verfügt mit Titeln von Herbie Hancock, Jamie Cullum und Stevie Wonder für einen überraschend breiten Stilhorizont, wohl ist der vokale Approach am Mikro noch ausbaubar.

Lyrik-basierte Vokalkunst der Extraklasse liefert die Kölner Jazzsängerin Inga Lühning mit feinen Bearbeitungen eines Songs der Jackson Five oder des verstorbenen Politbarden Franz Josef Degenhardt. Dessen alptraumhafte Metapher auf das Wiederaufflackern des Rechtsextremismus, "Wölfe mitten im Mai", gewinnt in ihrer Diktion, unterstützt von komplexen Loops, eine Zielkraft, die direkt unter die Haut geht. Dazu bedient Kontrabassist André Nendza, Echo-Preisträger von 2012, eine mahnend pochende Schlitztrommel. Aber vor allem an seinem Zupfinstrument ist Nendza einfach überwältigend gut. Auch er ein Meister des Loops. Auf sphärische, meditative Weltmusik hat sich das Duo Shatabdi (mit Pianist Jarry Singla und Saxofonist Johannes Lemke) kapriziert, sie stellen die ruhende Mitte des Festivals dar, indem sie Klanglandschaften erzeugen, akustische Panoramabilder. Den Höhepunkt bringt der Auftritt der famosen Gastsängerin Sabine Kühlich, die Robert Hurasky für sein Trio, Matter of Groove, gewinnen konnte. So rauchig ihr Klang am Altsaxofon, so anregend und schillernd ihr Gesang, souverän ihre Publikumsansprache, witzig ihre Pfeifeinlage. Apart auch ihr virtuoser Scat-Dialog mit Hurasky am Drumset. Konstantin Wienstroer am Kontrabass und Pianist Klaus Delvos grooven souverän dazu.

Den Sack zu schnüren am Ende "Bambostic" um den Saxofonisten Jan Klare. Mit kräftigen, zum Tanzen animierenden, vitalen Spielfiguren, die der Bandleader aus Stücken des US-Komponisten Earl Bostic entwickelt hat. Ein langer, rundum begeisternder Jazzabend!

(ri)
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