Mönchengladbach Frauen stärken Frauen

Mönchengladbach · Mit einem Kulturprojekt der Soroptimistinnen halfen Mönchengladbacherinnen syrischen Frauen, sich in der Stadt einzuleben. Neben der Vermittlung von Sprache gehörten auch gesellschaftliche und kulturelle Aspekte mit dazu.

 Laura Daoud, Beate Brungs, Ika Heyer, Maria Weihrauch (AWO) und Slava Sheiko. In einem Kulturprojekt der Soroptimistinnen lernten sich die Frauen kennen. Es sind Freundschaften entstanden.

Laura Daoud, Beate Brungs, Ika Heyer, Maria Weihrauch (AWO) und Slava Sheiko. In einem Kulturprojekt der Soroptimistinnen lernten sich die Frauen kennen. Es sind Freundschaften entstanden.

Foto: Angela Rietdorf

Laura ist 19 Jahre alt, spricht akzentfrei Deutsch und wird im nächsten Jahr ein voraussichtlich sehr gutes Abitur am Hugo-Junkers-Gymnasium ablegen. Ihr Studienwunsch: Medizin. Eine moderne junge Frau, offen, herzlich, wissbegierig. In ihrer Schule fühlt sie sich wohl. Probleme habe es auch am Anfang nicht gegeben. "Lehrer und Mitschüler waren immer sehr nett", sagt die Oberstufenschülerin. So weit, so gut. Das eigentlich Erstaunliche erschließt sich erst im Gespräch: Laura ist vor zwei Jahren mit ihrer Familie aus einer kurdischen Kleinstadt an der syrisch-türkischen Grenze nach Deutschland geflüchtet. Da sprach sie nicht ein Wort Deutsch.

"Ich konnte ihre Sprachfortschritte miterleben", erzählt Ika Heyer, ehrenamtlich im Frauencafé bei der AWO tätig. Dort hat sie auch Lauras Mutter kennengelernt, eine ausgebildete Englischlehrerin, und in das Projekt "World Women Power" der Soroptimistinnen Mönchengladbach eingeladen. "Wir wollten den geflüchteten Frauen einen Einblick in die deutsche Kultur vermitteln", erklärt Beate Brungs, die das Projekt für die Soroptimistinnen begleitet hat. Siebzehn Mal haben sich die etwa fünfzehn Frauen aus Syrien (eine stammte aus Pakistan) mit ihren deutschen Begleiterinnen getroffen. Ihr erster Wunsch war eindeutig: eine Besichtigung des berühmten Kölner Doms. In Mönchengladbach wurde das Museum besucht, in der dortigen Malklasse auch gemeinsam gemalt und gezeichnet. Es gab eine Bibliotheksführung und einige Trainingstermine mit Polizistinnen, die unter der Überschrift "Frauen stärken Frauen" Selbstverteidigung lehrten, aber auch über ihren Beruf sprachen.

Auch auf dem Christkindlmarkt, der großen ehrenamtlichen Aktion von Gladbachern für Gladbacher, war die Gruppe vertreten und verkaufte syrische Spezialitäten für die gute Sache. "Das war für mich das absolute Highlight", sagt Beate Brungs. Das Kulturprojekt endet in Kürze mit einer Lesung in der Buchhandlung Degenhardt. "Wir bringen Spezialitäten mit und sorgen auch für Musik", verspricht Lauras Mutter Slava Sheiko, die ebenfalls inzwischen gut Deutsch spricht und jetzt mit dem C1-Kurs angefangen hat. Ja, die Musik - die vermisst ihre Tochter noch heute, wenn sie an ihre syrische Heimat denkt. Und das Wetter. "Abends waren alle auf der Straße, saßen vor den Häusern, es lief Musik", erzählt sie. "Das war eine sehr schöne Atmosphäre."

Das syrische Bildungssystem beschreibt sie als sehr gut und ihr relativ reibungsloser Wechsel unterstreicht das eindrücklich. Der Unterschied: es werde mehr Wert auf die MINT-Fächer, also Mathe und die Naturwissenschaften, gelegt. "Es gibt hier wenig Matheunterricht", sagt sie. Mutter und Tochter beschreiben weitere Unterschiede zwischen der alten und der neuen Heimat. Im Bereich der individuellen Kleidung sei in Deutschland mehr erlaubt, meint Laura. Ihre Mutter war am meisten überrascht von dem, was früher "wilde Ehe" hieß, dem Zusammenleben von Partnern ohne Trauschein. So gebe es das in Syrien nicht, meint sie und schüttelt lächelnd mit dem Kopf.

Sie würde gern wieder arbeiten, vielleicht als Dolmetscherin oder Sprachlehrerin. Das Kulturprojekt, da sind sich Mutter und Tochter einig, war bereichernd. Am wichtigsten waren aber gar nicht unbedingt die Inhalte. "Wir haben einfach so viele nette Menschen dabei kennengelernt", erklären die beiden. Freundschaften sind entstanden. So sieht das auch Ika Heyer. "Wir lernen so viel von den anderen Kulturen und voneinander", stellt sie fest.

(RP)
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