Mönchengladbach Friedhöfe bleiben eine Großbaustelle

Mönchengladbach · Längst ist die Urnenbestattung die beliebteste Form der Beisetzung. Auch die Zahl der Armenbegräbnisse steigt, ferner werden immer mehr Gräber von den Angehörigen vernachlässigt. Trotzdem fehlt es weiter an einem Friedhofskonzept.

Wer an Allerheiligen einen der städtischen Friedhöfe besucht, wird möglicherweise an etlichen vernachlässigten Gräbern vorbeikommen. Die Stadt selbst schlägt Alarm: Immer häufiger werden private Gräber nicht mehr so gepflegt, wie es sein sollte. Eine rechtliche Handhabe hat die Abteilung Grünflächen und Friedhöfe dann kaum. Sie kann, selbst wenn sie die Angehörigen ausfindig machen kann, nur zur Pflege der Gräber ermahnen. Auch die dann zumeist angebotene Lösung, die Grabstätte an die Stadt zurückzugeben und dieser die Pflege zu übertragen, wird aus Kostengründen oft abgelehnt. Bis zu 123 Euro kostet der jährliche Pflegeaufwand, der für die restliche Ruhezeit auf einmal gezahlt werden müsste.

Ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass die Bestattungskultur sich im Umbruch befindet. Es braucht neue, zukunftsträchtige Lösungen für die 13 städtischen und elf konfessionellen Friedhöfe in der Stadt (dazu kommen vier Ehren- und sieben jüdische Friedhöfe, die Gesamtfläche aller Friedhöfe beträgt 170 Hektar). Und trotzdem ist vom Friedhofskonzept, das eigentlich im neuen Ratszug von der Verwaltung vorgelegt werden sollte, nichts zu sehen. "Hätten wir es jetzt bekommen, wären die sicherlich umfangreichen Diskussionen mit den Haushaltsberatungen kollidiert", sagt SPD-Fraktionschef Lothar Beine. "Es macht Sinn, das Thema erst zu behandeln, wenn nach der Kommunalwahl der neue Rat zusammengetreten ist." Heißt: Das Konzept, das weit gediehen sein müsste, kommt frühestens kurz vor den Sommerferien 2014 auf den Tisch.

Bis dahin dreht sich die Gebührenspirale weiter, ist weiter unklar, was mit reservierten Erweiterungsflächen für Friedhöfe geschieht, kann die Frage möglicher Schließungen nicht verhandelt werden, die ohnehin gegebenenfalls bis zu 50 Jahre im Voraus vereinbart werden müssten — wegen langer Belegungszeiten der Gräber. "Es ist richtig, hier keinen Schnellschuss zu machen", sagt Beine, der im Mai noch auf eine neue Satzung vor der Sommerpause gehofft hatte — 2013 wohlgemerkt.

Die Zahl der Beisetzungen generell ist weiter rückläufig — und das nicht nur aus demografischen Gründen. Etwa ein Fünftel aller in Mönchengladbach Verstorbenen, rund 600, wurden 2012 zu meist kostengünstigeren Konditionen in den Niederlanden durch Verbrennung in Krematorien oder in einer Nachbargemeinde bestattet. Wie gravierend der Wandel der Bestattungskultur ist, zeigt auch die Tatsache, dass die traditionelle Form der Erdbestattung in der Stadt immer seltener zum Einsatz kommt. 2012 waren es nur noch 607, denen alleine 848 Urnenbestattungen gegenüberstanden. Das entsprach 58 Prozent aller Beisetzungen. Ein Trend, der sich verfestigen dürfte — wegen des geringeren Kosten- und Pflegeaufwands bei Urnenbeisetzungen.

Zunehmend nachgefragt ist darüber hinaus auch die Bestattungsform der Grabeskirche: zwei gibt es bereits, die Vorbereitungen für zwei weitere laufen. Aber auch die Zahl der Bestattungen, deren Kosten von der Stadt übernommen werden, weil die Angehörigen dazu wirtschaftlich nicht in der Lage sind. Hier greift das Sozialamt ein. 2012 wurden dort in 161 Fällen Anträge auf Kostenübernahme gestellt, die in rund 130 Fällen ganz oder teilweise übernommen wurden. In weiteren rund 180 Fällen, in denen kein Bestattungspflichtiger vorhanden war, übernahm das Ordnungsamt die Kosten der Bestattung, die bei bis zu 3000 Euro pro Fall liegen.

Weil die Art der Bestattung für viele immer mehr in erster Linie eine reine Kostenfrage ist, will die Stadt künftig weitere neue Modelle ermöglichen. Wie sie mitteilt, wird über Kolumbarien in Stelenform auf Grabfeldern, Gemeinschaftsgrabanlagen, die von Friedhofsgärtnern gepflegt werden könnten sowie Baumbestattungen (Urnenbestattungen um Bäume) als Alternative zum Friedwald nachgedacht.

(RP)
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