Mönchengladbach Friedhof: Nicht nur ein Ort der Trauer

Mönchengladbach · Jedes Grab erzählt eine Geschichte. Und beim Rundgang über den evangelischen Friedhof an der Nordstraße bewegt sich der Besucher durch eine Historie der Begräbniskultur. Gigantische Gräber der reichen Rheydter Fabrikanten, moderne Stelen und Rosengräber liegen nebeneinander.

 Von der Friedhofstraße kommend, wird der Besucher durch ein Tor geleitet. Historische Grabplastik steht neben moderner Grabstele. Pfarrer Olaf Nöller zeigt das neu gestaltete Grabfeld für Pfarrer.

Von der Friedhofstraße kommend, wird der Besucher durch ein Tor geleitet. Historische Grabplastik steht neben moderner Grabstele. Pfarrer Olaf Nöller zeigt das neu gestaltete Grabfeld für Pfarrer.

Foto: Detlef Ilgner / Isabella Raupold

Grabeskirchen lehnt er kategorisch ab. "Klar, durch die Umwidmung können Kirchen gerettet werden", sagt Olaf Nöller. "Aber die Friedhöfe leiden auf Dauer darunter." Außerdem sei ein Urnenfach in einer Stele oder in einer Wand nicht würdig genug. Der Rheydter Pfarrer ist bekennender Befürworter der Erdbestattung.

"Seit Jahrhunderten sagt der Priester bei der Beerdigungszeremonie: Aus der Erde sind wir genommen, zur Erde sollen wir wieder werden, Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub." Außerdem sei es für die Hinterbliebenen wichtig, einen Ort zu haben, an dem sie trauern können. "Dafür ist der Friedhof da." Aber nicht nur. "Der Friedhof kann auch ein kommunikativer Ort sein", sagt Nöller. "Hier wurden sogar schon zarte Bande geknüpft."

Ein spannender Ort

Hier: Das ist der evangelische Friedhof an der Nordstraße in Rheydt. Ein spannender Ort. Jedes Grab erzählt die Geschichte eines Menschen oder einer Familie, und die unterschiedlichsten Gestaltungen führen den Besucher durch eine Historie der Begräbniskulturen.

Neben den gigantischen Grabmälern mit üppigem Figurenschmuck der reichen Rheydter Unternehmerfamilien gibt es die klassischen Grabstätten, zunehmend auch modernste Stelen und Urnengräber in Rasenstücken und Rosenflächen. 50 bis 60 Beerdigungen werden hier im Jahr zelebriert, durchschnittlich eine bis zwei davon pro Woche von Pfarrer Olaf Nöller. "Bei der katholischen Kirche dürfen auch ausgebildete Laien die Bestattungen durchführen", sagt der Pfarrer. "Bei uns machen das ausschließlich die Geistlichen."

Und das sei auch richtig und wichtig. "Eine Beerdigung ist eine extreme und grundehrliche Situation", sagt Nöller. Was zählt wirklich? Das sei die Frage, die sich die Menschen angesichts des Todes stellen. Vor der Bestattung sucht Nöller die Familie des Verstorbenen auf. "Ich möchte die Geschichte des Toten erfahren, damit ich die richtigen und würdigen Worte für die Grabrede finde." Oft gelinge das. "Wenn aber junge Menschen beerdigt werden müssen, stoße ich extrem an meine an meine Grenzen", sagt der Pfarrer. "Aber ich bin ehrlich, ich schäme mich meiner Tränen nicht."

Die Erschöpfung nach einem bewegenden Abschied von einem Menschen sei manchmal groß. Dann sei ein Gespräch mit den Kollegen hilfreich. "Wir achten aufeinander", sagt Olaf Nöller. Und das sei auch nötig. Ebenso nötig, wie auch einmal eine Aufgabe zu delegieren.

"Wir haben ja keine geregelten Arbeitszeiten, deshalb müssen wir uns selbst Freiräume und Freizeiten schaffen." Beim Spaziergang über den schönen Friedhof an der Nordstraße entspannt sich der Pfarrer sichtlich. "Das ist auch wichtig für die Besucher." Für die wurden an allen Ecken und Enden — und vor allem an den Wasserstellen — knallrote Bänke aufgestellt. "In der Bibel spielen Brunnen eine wichtige Rolle", sagt er. "Brunnen waren früher die Treffpunkte in den Dörfern. Hier traf man sich, tauschte die Neuigkeiten aus und verplauderte ein wenig Zeit miteinander." Deshalb hätten die Wasserstellen eine große Bedeutung auf dem Friedhof. Denn der sei nicht nur ein Ort der Stille und der Trauer, sondern auch der Kommunikation.

(RP/rl)
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