Mönchengladbach Für mehr Freiheit bei der Arbeit

Mönchengladbach · Die Mönchengladbacher Arbeiterwohlfahrt setzt auf Digitalisierung auch in der Sozialwirtschaft.

 Uwe Bohlen ist Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt.

Uwe Bohlen ist Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt.

Foto: Raupold

"Die jungen Mitarbeiter finden das toll", sagt Awo-Geschäftsführer Uwe Bohlen. "Kollegen aus anderen Awo-Verbänden schütteln allerdings oft mit dem Kopf." Die Arbeiterwohlfahrt hat umstrukturiert, viele Mitarbeiter mit Smartphone und Tablet ausgestattet und so flexiblere Modelle des Arbeitens geschaffen. Für die Sozialbranche ist das ein noch ungewohnter Weg.

Am Anfang stand die Einsicht, dass sich etwas ändern müsse. Die hierarchische Struktur mit verschiedenen Leitungsebenen passte nicht zu der Vielfalt der Arbeitsbereiche und der großen Verantwortung, die die Mitarbeiter im Umgang mit den Kunden trugen. "Es ist widersinnig, wenn Mitarbeiter, die in der Erziehungshilfe oder in der Pflege unterwegs sind und hohe fachliche Kompetenz mitbringen, von Vorgesetzten ständig gesagt bekommen, was sie tun sollen", stellt Bohlen fest. Veränderung war angesagt - in der Struktur und in der Arbeitsweise. Es gibt zwar auch weiterhin Teams mit einem Leiter. Der hat aber in erster Linie koordinative Aufgaben. "Wir wollen hin zu mehr Selbstständigkeit und mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter", sagt der Geschäftsführer. So wurden den Teams Budgets zugeordnet, über die sie eigenverantwortlich verfügen können. "Sie haben mehr Geld zur Verfügung als früher und geben weniger aus", beschreibt Bohlen den überraschenden Effekt. Auch die Arbeitszeiten werden im Team geregelt - außer natürlich in Einrichtungen mit festen Öffnungszeiten wie Kitas oder Begegnungsstätten. Man kann auch jetzt von neun bis siebzehn Uhr arbeiten, man muss es aber nicht mehr. Auch früher oder später zu beginnen oder an einem anderen Ort als dem Büro Verwaltungsaufgaben zu erledigen, ist möglich. "Wir möchten, dass die Mitarbeiter die Arbeit besser in ihr Leben integrieren können, ohne deshalb länger oder mehr zu arbeiten", erklärt der Awo-Vorstand. "Sie sollen mehr Spaß an ihrer Aufgabe haben."

Um diese Flexibilität zu ermöglichen, wird auf Digitalisierung gesetzt. "Wir statten die Mitarbeiter nach und nach mit iPhones und iPads aus", erklärt Bohlen. Der Anbieter Dropbox stellt den Speicherplatz zur Verfügung, auf den von überall aus zugegriffen werden kann: von zu Hause, von unterwegs, vom Büro oder vom Kunden aus. "Kritische Daten haben wir in einem gesicherten System", versichert Bohlen. "Aber die Unternehmensdaten und die interne Kommunikation laufen über die Cloud." Mitarbeiter in der ambulanten Pflege beispielsweise können ihre Einsätze mobil erfassen, Kurznotizen für die nächste Schicht hinterlassen oder Tätigkeiten dokumentieren. Umstellungsschwierigkeiten gibt es wenige. "Die meisten kennen so etwas von zu Hause und die jungen Leute erwarten es eigentlich auch", meint der Awo-Chef. Auch für die interne Kommunikation werden die digitalen Tools genutzt, es werden Fragen gestellt und beantwortet, Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen bearbeiten und kommentieren Dokumente gemeinsam.

Auf Dauer sieht Bohlen noch weitere Möglichkeiten, soziale Arbeit zu digitalisieren. Mit Angehörigen oder Eltern kann so schnell und problemlos in Gruppenchats kommuniziert werden. Auch die Absprachen bei Angeboten wie Essen auf Rädern können mobil getroffen werden. Schließlich: "Auch alte Leute haben heute Internet", sagt Bohlen. Am Horizont erscheinen auch noch solche Möglichkeiten wie das Abschließen von Verträgen per Smartphone.

"Der Prozess hat erst begonnen", meint der Mönchengladbacher Awo-Vorstand. Viele seiner Kollegen seien nicht so offen, sondern eher skeptisch, aber: "Wir reden über die Smartphone-Generation, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängt. Die Erwartungen an die Arbeitgeber steigen." Die Awo Mönchengladbach ist vorbereitet.

(RP)
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