Modefirma Fynch-Hatton baut die Tuchfabrik in Mönchengladbach um

Mönchengladbach · Das Modelabel aus der traditionsreichen Textil-Familie Brandts errichtet zwischen Alsstraße und Krefelder Straße ein Logistikzentrum für acht Millionen Euro. Roger Brandts gründete die Marke vor 20 Jahren - eine Erfolgsgeschichte.

 Die alten Fabrikhallen der Tuchfabrik Brandts werden abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, in dem Büros und die gesamte Logistik unterkommen. Der Entwurf stammt vom Architekten Fritz Otten.

Die alten Fabrikhallen der Tuchfabrik Brandts werden abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, in dem Büros und die gesamte Logistik unterkommen. Der Entwurf stammt vom Architekten Fritz Otten.

Foto: Otten Architekten GmbH

Wenn Gäste das Mönchengladbacher Modelabel Fynch-Hatton besuchen, begrüßt der Chef sie gerne im Safari-Zelt direkt an der Alsstraße. Am Eingang des Firmengeländes ist es aufgebaut, steht zwischen zwei Safari-Autos. Da weiß der Besuch gleich, mit wem man es zu tun hat: mit einem Modelabel, das eine Geschichte erzählt, die in Afrika spielt, aber in Mönchengladbach an einem traditionsreichen Textil-Standort geschrieben wird. "Wir sind sehr froh, dass wir es geschafft haben, diesen Standort der Tuchfabrik in der Familie zu erhalten", sagt Roger Brandts, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Bekleidungsmarke Fynch-Hatton, die vor allem für Herrenkleidung bekannt ist. Und die diesen Standort 20 Jahre nach ihrer Gründung für acht Millionen Euro bis September 2019 grundlegend umbauen will. Der Entwurf stammt vom Architekten Fritz Otten.

Die alten Fabrikhallen der Tuchfabrik Brandts werden abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, in dem Büros und die gesamte Logistik unterkommen. Dafür holt sich Fynch-Hatton den Logistiker Fiege mit ins Konzept. Das Verkehrskonzept sieht vor, dass die Belieferung über die Krefelder Straße erfolgt, nicht über die Alsstraße. Außerdem wird ein neuer Showroom gebaut, in dem die Marke ihre Geschichte ausführlich erzählen kann.

Afrika in Mönchengladbach: Roger Brandts, Gründer des Modelabels Fynch-Hatton, empfängt Kunden am Firmensitz in gerne im Safari-Zelt.

Afrika in Mönchengladbach: Roger Brandts, Gründer des Modelabels Fynch-Hatton, empfängt Kunden am Firmensitz in gerne im Safari-Zelt.

Foto: A. Gruhn

Brandts wollte Textiltechnik an der Hochschule Niederrhein studieren, dazu musste er allerdings Praktikumserfahrung vorweisen. Er fand einen Platz bei einem Zulieferer der Tuchfabrik seines Vaters in Südafrika. Mit 20 war Roger Brandts ein halbes Jahr in Südafrika, schaute dort auch den Film "Jenseits von Afrika" über den britischen Pionier Denys Fynch-Hatton. Diese Erfahrungen und die Liebe zu Afrika geben der heutigen Kleidermarke, die Brandts 1998 nach einer sechsjährigen Tätigkeit im Einkauf bei Peek & Cloppenburg gründete, die Identität: Das Abenteuer Afrikas, Fernweh, das Gefühl der Freiheit bilden das sorgsam gepflegte Image Fynch-Hattons. Die Marke nutzt den Kontinent aber nicht nur zur Imagebildung, sondern engagiert sich auch in der Welthungerhilfe für Afrika.

Im Verkauf setzt sich die Gladbacher Marke vor allem im Preissegment ab: "Wir liegen in der mittleren Preislage unter den Topmarken", sagt Brandts. Diese Marktlücke hatte er als Einkäufer für Peek & Cloppenburg ausgemacht, und die nutzt er seit jetzt 20 Jahren. "Ich habe damals keine Marke in der Mitte des Marktes gefunden, die ein kompetentes Angebot machen konnte", sagt Brandts. Sein Vater Gert Brandts bot ihm ein erstes eigenes Büro auf dem Firmengelände der Tuchfabrik an. Jetzt, zwei Jahrzehnte später, hat die Marke den gesamten Campus übernommen. Und baut neu. Design, Entwicklung und Logistik passiert von Mönchengladbach aus. Produziert wird in Fabriken in Asien. "Mein Vater war stolz auf das, was ich tue, und er fand es toll", sagt Brandts. "Er hat die Umbaupläne selbst noch miterlebt, und er hat sie gutgeheißen." Für das erste Jahr hatte sich Brandts vorgenommen, 42.000 Teile zu verkaufen, es wurden 44.000. Seitdem wächst die Marke immer weiter. Inzwischen wird Fynch-Hatton an 2250 Verkaufsstellen in 55 Ländern rund um den Globus - davon in sieben eigenen Shops in Deutschland - verkauft. Im vergangenen Jahr wurden knapp zwei Millionen Teile mit der Kameldornakazie als Logo auf der Brust verkauft. Seit einem halben Jahr spielt aber auch der Direktverkauf im eigenen Online-Shop eine Rolle. "Wir müssen diese Customer-Journey mitmachen", erklärt Brandts die Wanderbewegungen der Kundschaft. "Wir müssen uns heute Gedanken darüber machen, wo der Kunde heute und in zehn Jahren einkauft." Online-Marktplätze wie Amazon oder Outfittery, das komplette Outfits verkauft, werden zunehmend wichtiger.

Um im internationalen Bekleidungsmarkt weiter zu bestehen, peilt Fynch-Hatton eine "kritische Größe" an, also den Punkt, in dem ein Unternehmen aus dem Markt nicht mehr wegzudenken ist. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 51 Millionen Euro, davor bei 42 Millionen. In fünf Jahren soll es erstmals ein dreistelliger Millionenbetrag sein. Inzwischen arbeiten knapp 100 Beschäftigte direkt für die Marke. "Wir müssen wachsen, um systemrelevant zu sein", sagt Brandts. Es gebe viele Kunden und Länder, wo Fynch-Hatton noch genügend Potenzial habe. Dabei ist das, was in einzelnen Ländern verkauft wird, nicht immer gleich. Die sechs Kollektionen pro Jahr haben schließlich jeweils über 200 Artikel im Angebot.

Auch innerhalb Deutschlands ist das Einkaufsverhalten der Kunden unterschiedlich. In Hamburg etwa, sagt Brandts, werden mehr größere Größen verkauft als in Bayern. Und noch etwas fällt auf, weshalb Fynch-Hatton auch Frauen in den Blick nimmt und künftig mit Damen-Oberbekleidung wachsen will: "60 Prozent der Einkäufe unserer Kleidung werden von Frauen bezahlt."

(RP)
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