Mönchengladbach Gefangen im Käfig

Mönchengladbach · Der japanische Regisseur Kuro Tanino hat erstmals für ein Stadttheater in Deutschland inszeniert: Am Sonntag hat sein Einpersonenstück "Käfig aus Wasser" im Studio Premiere.

 Christopher Wintgens spielt einen 75-jährigen Japaner, der in einem japanisch eingerichteten Loft haust.

Christopher Wintgens spielt einen 75-jährigen Japaner, der in einem japanisch eingerichteten Loft haust.

Foto: Matthias Stutte

In Deutschland verbindet man mit Fukushima vor allem die Reaktorkatastrophe vom März 2011 - denn diese gab den Ausschlag, dass die Bundesregierung das Aus für deutsche Kernkraftwerke beschloss. Im betroffenen Japan haftet bis heute stärker die schmerzliche Erinnerung an das vorausgegangene Erdbeben mit Tsunami, das viele Menschen in den Tod riss. Im Auftrag des Theaters Krefeld/Mönchengladbach hat der japanische Regisseur Kuro Tanino (39) das schreckliche Ereignis als Vorlage für ein eigenes Theaterstück genutzt. Eine Woche vor der Premiere war der Leiter der in Japan prominenten Theatergruppe Niwa gekikan Penino jetzt im Rheydter Haus, wo er im Theatercafé sein Stück vorstellte, das er selbst inszeniert. Auch Bühnenbildner Caspar Pichner, Dramaturgin Barbara Kastner sowie Schauspieler Christopher Wintgens waren zur Stelle.

Der Psychiater Kuro Tanino hat sich vor vier Jahren entschlossen, seinen Arztjob gegen den des bis dahin nur nebenbei ausgeübten Beruf des Regisseurs zu tauschen. "Damals war ich in der Region Fukushima im Einsatz, als ein guter Freund von mir sich das Leben nahm", erzählt Tanino. Inzwischen ist sein szenischer Sachverstand auch in Europa gefragt. Den Titel "Käfig aus Wasser" habe er gewählt, "um den Zustand einer von Träumen gefangenen Person" zu schildern, aber auch, "um die Unbestimmtheit und Ungreifbarkeit des fließenden Mediums Wasser" darzustellen. Im Stück agiert ein einziger Schauspieler, Christopher Wintgens.

Er spielt einen 75-jährigen Japaner, der in einem japanisch eingerichteten Loft haust. Er spricht zwar davon, dass seine Frau Elise schlafend im Bett liege, tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um eine Puppe. Da fängt es an mit dem Vexierspiel um Sein und Schein - das Stück gibt nur sukzessive preis, was hinter der Existenz des "Japaners" steht: ein paranoider deutscher Professor für japanische Literatur, der in krasser Einsamkeit im Käfig seines von Wahnvorstellungen gepeinigten Geistes gefangen ist. Dieser Mann, der sich Rintarô Kodama nennt, will gegen ein vermeintliches Vertuschungskartell aus Regierung, Reaktorbetreiber (Tepco) und Duldungsstarre der betroffenen japanischen Bevölkerung angehen: indem er Botschaften vom PC aus in alle Welt versendet, die über die Gefahren aufklären sollen.

Der Hintergrund des Plots sei in der Mentalität seiner Landsleute begründet, gibt Kuro Tanino zu. "In Japan wird das Thema Fukushima eher zurückhaltend behandelt", sagt er, "es ist nicht verboten, sich dazu zu äußern, aber es gibt verbreitet eine Art Selbstzensur, was damit zusammenhängt, dass Japaner lieber positive Dinge äußern als tragische."

Caspar Pichner (Bühne und Kostüme) hat einen abgeschlossenen, kleinen Raum gebaut, "der es offenlässt, ob es sich um ein japanisches Loft, ein stilisiertes Raumschiff oder eine Wohnung im Bauhaus-Stil der 1950er Jahre handelt". Eine Glasscheibe trennt die Bühne vom Zuschauerbereich ab, erwähnt Pichner. Es bleibt bis zum Ende offen, an welchem Ort "Käfig aus Wasser" tatsächlich spielt. Was hier noch nicht verraten werden soll.

Premiere am Sonntag, 14. Februar, 20 Uhr, Theaterstudio; weitere Vorstellungen: 21., 23. Februar; 22., 29. März; 6. April; Kartentelefon: 02166 6151-100.

(ri)
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