Mönchengladbach Gegen die Globalisierung der Gleichgültigkeit

Mönchengladbach · Beim ersten Mönchengladbacher Kreuzweg für Gerechtigkeit zogen mehr als 100 Teilnehmer durch die Innenstadt. Sie forderten mehr Einsatz für arme Kinder und ältere Menschen.

 Beim ersten Gladbacher Kreuzweg für Gerechtigkeit forderten die Teilnehmer, mehr für arme Kinder und arme ältere Menschen zu tun.

Beim ersten Gladbacher Kreuzweg für Gerechtigkeit forderten die Teilnehmer, mehr für arme Kinder und arme ältere Menschen zu tun.

Foto: Rietdorf

Es war ein ungewohnter Anblick, der Einkäufer und Passanten aufmerksam werden ließ und vielleicht auch irritierte: Hinter einem Banner mit der Aufschrift "Kreuzweg für Gerechtigkeit" und einem großen gelben, von vier Teilnehmern getragenen Kreuz zogen Menschen singend die Hindenburgstraße hinunter, machten auf dem Sonnenhausplatz vor dem Minto Halt und forderten in nachdenklichen Botschaften Aufmerksamkeit für die Situation armer Kinder und Familien in der Stadt.

Mehr als hundert Teilnehmer waren dem Aufruf zum ersten Mönchengladbacher Kreuzweg gefolgt, hinter dem ein breites Bündnis christlicher Gemeinden, katholischer Vereinigungen und nicht religiös gebundener Initiativen stand. Begonnen hatte der Kreuzweg in der evangelischen Christuskirche am Kapuzinerplatz, wo Münsterprobst Peter Blättler und die evangelische Pfarrerin Annette Beuschel die Veranstaltung eröffneten. "Es ist wichtig, dass es diesen Kreuzweg gibt", betonte Blättler. "Christen müssen raus gehen und in der Stadt an der Seite derer stehen, denen Unrecht geschieht." Der Entsolidarisierung der Gesellschaft müsse entgegengetreten werden, meinte der Probst und zitierte Papst Franziskus, der in einem apostolischen Schreiben von einer "Globalisierung der Gleichgültigkeit" spricht.

Der Kreuzweg bewegte sich dann über mehrere Stationen, an denen Halt gemacht, gesungen, gebetet und auf besondere, von Armut oder Ausgrenzung betroffene Gruppen hingewiesen wurde. Vor der Citykirche zum Beispiel auf dem Edmund-Erlemann-Platz wurde der Blick auf die Kinder gerichtet - ganz dem Motto des verstorbenen Namensgebers "Die Kleinen groß machen" folgend. "Jedes dritte Kind in Mönchengladbach lebt in Armut", sagt Schwester Lucia vom Treff am Kapellchen, einem der Veranstalter des Kreuzwegs. "In absoluten Zahlen sind das 13.000 Kinder." An jedem dritten Tag ist von einer Zwangsräumung in Mönchengladbach eine Familie betroffen, verlieren Kinder ihr Zuhause, rechneten die Veranstalter vor.

Auch vor dem Arbeitslosenzentrum, ebenfalls Mitveranstalter, machte der Kreuzweg Station. Zentrumsleiter Karl Sasserath kritisierte, dass es der Politik meist nur darum gehe, die Kosten für die große Zahl der Armen zu senken. "Sie werden dauerhaft ausgegrenzt und haben keine Option", sagte er. Weitere Kreuzwegstationen waren die Friedrichstraße, wo die Altersarmut im Mittelpunkt stand und schließlich die Jugendkirche an der Albertusstraße, wo es in Spielszenen um Vielfalt, Toleranz und Freiheit ging.

Hans-Peter Katz vom regionalen Katholikenrat, dem federführenden Veranstalter, war mit der Resonanz zufrieden. "Hier war das eine Premiere, in Krefeld gibt es einen vergleichbaren Kreuzweg seit einigen Jahren", sagte er. "Gerade in Mönchengladbach ist es wichtig, immer wieder auf die vorhandenen sozialen Probleme hinzuweisen."

(arie)
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