Mönchengladbach Geisterdorf in der Stadt

Mönchengladbach · Mehr als zehn Millionen Euro will die Bundes-Immobilienverwaltung für 140 Briten-Häuser im Nordpark von der Stadt haben. Die lehnt die Forderung mit der Begründung ab, dies sei unwirtschaftlich. Die Häuser verrotten.

 In diesen Häusern wohnten vor wenigen Monaten noch hunderte Menschen. Der Leerstand hat Folgen. Fenster sind eingeschlagen, Türen wurden demoliert.

In diesen Häusern wohnten vor wenigen Monaten noch hunderte Menschen. Der Leerstand hat Folgen. Fenster sind eingeschlagen, Türen wurden demoliert.

Foto: isabella raupold

Die 140 Häuser an Lilienthal- und Hugo-Eckener-Straße wirken wie ein Geisterdorf: Fenster sind eingeschlagen, Türen demoliert, Kabel enden im Nichts. Hier wohnten vor wenigen Monaten noch hunderte Menschen. Weil die Rheinarmee ihre Soldaten bis Ende 2014 aus der Stadt abzieht, leeren sich die Siedlungen, in denen Offiziere und ihre Angestellten lebten.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) will die Häuser an Lilienthal- und Hugo-Eckener-Straße an die Stadt verkaufen — und scheitert bislang, weil sie zu hoch pokert. "Wir zahlen dafür keine zweistellige Millionensumme", sagt Dr. Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der städtischen Entwicklungsgesellschaft (EWMG). Eine Einigung scheint ausgeschlossen. Das bedeutet: Der Verfall geht weiter.

Diebe stahlen Kupferrohre

Darüber ärgern sich Bürger und Planer. Bert Lingen, der täglich mit seinen Hunden den Nordpark durchquert, beobachtet, wie die Immobilien verrotten. "Da geht jeden Tag mehr kaputt. Die Fenster sind von innen beschlagen. Ich vermute, dass die Häuser von innen klatschnass sind." Im Juli vergangenen Jahres waren Metalldiebe in 14 leer stehenden Häusern an der Lilienthalstraße eingebrochen und hatten in den Kellern große Mengen Kupferrohre aus den Wänden gerissen. Lingen: "Das ist ein einziger Selbstbedienungsladen hier."

Davon scheint der Immobiliendienstleister des Bundes nichts mitzubekommen. Denn als die Stadt Interesse an dem Gelände zwischen Autobahn 61 und Nordpark anmeldete, machte die Bima folgende Rechnung auf: Sie berief sich auf ein Wertgutachten, das den Grundstückspreis mit rund 160 Euro pro Quadratmeter festlegte und auf den Gesamtpreis noch den Gebäudewert aufschlug. So, als würden die Einfach-Häuser noch weiterhin für ein Wohngebiet zu nutzen sein.

Die städtische Tochter EWMG hat aber andere Pläne: Sie will dem Technischen Hilfswerk (THW), das ein großes Areal an der Lilienthalstraße hat, ein Ersatzgrundstück direkt an der Autobahn anbieten, auf dem jetzt noch die Briten-Häuser stehen. Das THW-Grundstück würde dann mitsamt einem Teil der Briten-Wohnanlage dem Business-Park II im Nordpark zugeschlagen. Das rechne sich aber nur, so Schückhaus, wenn die EWMG das früher von den Briten genutzte Areal zu einem akzeptablen Preis bekomme.

"Wir müssen die Gebäude abreißen, das Areal teilweise neu erschließen und womöglich noch die Kosten einer Bodensanierung übernehmen. Da können wir keine 160 Euro pro Quadratmeter zahlen: Allenfalls ein Zehntel davon."

Die Fronten sind derzeit verhärtet. "Es ist schade, dass es nicht zu einer Einigung gekommen ist", sagt Oberbürgermeister Norbert Bude. Dass ein Bauträger Interesse an der Anlage hat und den von der Bima verlangten Preis zahlt, glaubt EWMG-Chef Schückhaus nicht. Das bedeutet: In Sichtweite zum attraktiven Nordpark gammelt das Geisterdorf weiter vor sich hin.

(RP/rl/jco)
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