Arsenskandal in Mönchengladbach Gift in Straßen: 18 Kommunen betroffen?

Mönchengladbach · Die Firma, die in der Süchtelner Straße und der Klumpenstraße arsen- und bleibelastetes Material verbaute, hat dies möglicherweise in 17 weiteren Kommunen der Region getan. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in allen Fällen.

Arsenskandal in Mönchengladbach: Gift in Straßen: 18 Kommunen betroffen?
Foto: Reichartz,Hans-Peter

18 Städte und Gemeinden haben ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft bekommen. Sie sollen Auskunft geben zu einem möglicherweise riesigen Umweltskandal. "Wir wissen, dass die Firma, die in der Süchtelner Straße und der Klumpenstraße das schadstoffbelastete Material verbaute, in all diesen Kommunen tätig war", sagte Oberstaatsanwalt Lothar Gathen gestern. Auch in Mönchengladbach wurden Unterlagen angefordert unter anderem zur Auftragsvergabe, Bauaufsicht, Abrechnungen und Probenanalysen in den Fällen Süchtelner Straße und Klumpenstraße.

Ins Rollen gekommen war der ganze Skandal in Grevenbroich. Dort hatte ein städtischer Mitarbeiter in einem Neubaugebiet in einer nicht fertigen Straße verdächtiges Bettungsmaterial entdeckt. Er nahm eine Probe mit und ließ sie analysieren. Das Ergebnis: statt Naturmaterial wie bestellt, lagen dort Recyclingstoffe und die waren auch noch hochgradig belastet. Nach einem Hinweis aus der Bezirksregierung auf diesen Fall im Oktober 2012 ließ auch die Stadt Mönchengladbach Bodenproben entnehmen. Auch hier ergaben die chemischen Analysen: zu viel Arsen und zu viel Blei. "Hier liegt ein Material, das ganz bestimmt nicht verbaut werden darf", heißt es.

Ob es den weiteren 16 Kommunen ebenso geht, ist noch nicht sicher. Bis jetzt haben wohl noch nicht alle Städte und Gemeinden Bodenanalysen in Auftrag gegeben. Die Auskunftsersuchen sollen nun mehr Aufschluss bringen.

Weil das Straßenbauunternehmen selbst immer wieder bestreitet, von gefährlichen Stoffen in dem Material gewusst zu haben, ermittelt die Staatsanwaltschaft nun auch gegen die Zulieferer, wie Gathen gestern bestätigte.

Im Gegensatz zu anderen Kommunen hat die Stadt Mönchengladbach noch keine strafrechtlichen Schritte gegen das Unternehmen eingeleitet, obwohl sie seit acht Monaten von den hochbrisanten Schadstoffen in den Straßen Kenntnis hat. Nach Auskunft der Stadt sei man davon ausgegangen, dass die Bezirksregierung, von der ja der Hinweis ausging, die Ergebnisse sammelt und weitergibt. Die von der Staatsanwaltschaft angeforderten Unterlagen würden auf jeden Fall gerade fertig zusammengestellt. In Mönchengladbach ist die betroffene Firma mittlerweile von städtischen Vergabeverfahren ausgeschlossen — "wegen einer schwerwiegenden Störung des Vertrauensverhältnisses". Dagegen hat wiederum das Bauunternehmen geklagt.

Der Fall "Gift in Straßen" zieht weite Kreise. Er beschäftigt nicht nur Kommunen und Staatsanwaltschaft, sondern auch Landeskriminalamt, Bezirksregierung und Ministerien. Die Aufarbeitung des Umweltskandals kann noch lange dauern. Alleine in Mönchengladbach gibt es Berge von Schriftverkehr im Streitverfahren mit dem Bauunternehmen. Bei der Stadt war die Firma bereits im Jahr 2004 negativ aufgefallen, weil sie im Rahmen des Ausbaus der Hindenburgstraße ungeeignetes Pflasterbettungsmaterial lieferte. In dem Fall fiel es rechtzeitig auf. Das Material wurde als ungeeignet zurückgewiesen.

Die Anwohner der Süchtelner Straße und Klumpenstraße haben mittlerweile ein Schreiben vom Bezirksvorsteher erhalten. Dort wird unter anderem mitgeteilt, dass das vertragswidrig eingebaute Material mit Schwermetallen (Blei, Zink, Arsen) dann gesundheitsbeeinträchtigend sein kann, wenn es in entsprechender Menge vom Menschen oral aufgenommen oder als Feinstaub eingeatmet wird. Der beanstandete Stoff sei aber durch die Deckschicht bzw. Pflasterschicht vom Kontakt mit Menschen abgeschottet. Eine nennenswerte Ausdünstung, Auswehung oder Auswaschung des Materials schließt die Fachverwaltung aus. Die Verwaltung prüfe derzeit, ob eine Sanierung der Straße notwendig ist. Hierzu sind eine Vielzahl technischer, naturwissenschaftlicher aber auch juristischer Fragen zu klären, so dass dies einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

(RP)
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