Mönchengladbach Gladbacher Goldkäfer krabbelt ins Saarland

Mönchengladbach · Übernatürlich groß, aber täuschend echt: Die Tiere von Modellbauer Hans Dappen faszinieren Museumsbesucher auf der ganzen Welt.

 Er gibt Museumsbesuchern die Möglichkeit, jedes Detail des Käfers mit dem menschlichen Auge erkennen zu können: Modellbauer Hans Dappen.

Er gibt Museumsbesuchern die Möglichkeit, jedes Detail des Käfers mit dem menschlichen Auge erkennen zu können: Modellbauer Hans Dappen.

Foto: Jana Bauch

Ein letztes Mal greift Hans Dappen nach dem "Großen Goldkäfer", aufgespießt auf einer Nadel, und hält seine Vorlage unter das Mikroskop. Das Insekt ist gerade einmal drei Zentimeter groß. Dann steht der Modellbauer auf und tritt an sein Kunstwerk: Über einen Meter misst der nachgebaute Goldkäfer vom Fühler bis zum Hinterteil. Jedes der 1000 Elchhaare hat er einzeln aufgeklebt, jede feine Pore in die Beine und den Körper eingebohrt. Die vergangenen vier Monate hat Dappen am Käfer gearbeitet, jetzt steht das Modell in Grün-Gold im Info-Center des Naturschutzbundes im Saarland.

"Ehrlich gesagt bin ich froh, dass er weg ist", sagt Dappen. Grüne Farbe klebt an den Rändern seiner Fingernägel. "Nach 16 Wochen wird es ernüchternd, du kämpfst mit jedem Detail." Doch das sei bei allen Modellen so. Der 64-Jährige hat schon viele Tiere nachgestellt: Ein Flugsaurier schwebt im Naturkundemuseum in Wien, ein Schwarm von 150 Heringen hat ein neues Zuhause im Spicarium in Bremen gefunden. Weitere Arbeiten können Museumsbesucher in den Naturkundemuseen in Bonn, Hannover, Linz und sogar in Südkorea sehen.

Zwischen Nilpferd, Zecke und Tintenfisch hat der Modellbauer eine ganz klare Gruppe von Favoriten: Insekten. Auf die hat er sich mittlerweile auch spezialisiert. "Ich zeige etwas in groß, was eigentlich ganz klein ist", sagt Dappen. "Erst durch die Vergrößerung wird die Schönheit der Insekten sichtbar." Der Goldkäfer habe ihn sehr gereizt, besonders dieser metallische Schimmer.

Zuerst wollte Dappen den Käfer verchromen, doch er entschied sich für eine Spezialfarbe, die rund 500 Euro kostet. Mehrere Schichten waren für die Metalloptik notwendig. Die fieseste Arbeit sei aber eindeutig das Aufkleben der Haare gewesen, sagt Dappen und verzieht das Gesicht. Allein damit war der Modelbauer über eine Woche beschäftigt.

Wenn er mit einem neuen Insekten-Auftrag beginnt, studiert er das Tier zunächst zwei bis drei Tage unter dem Mikroskop. Dort sieht er jedes Detail. Anschließend schnitzt er ein Rohmodell aus festem Styropor, das im nächsten Schritt mit Kunstharz überzogen wird. So lassen sich feinere Strukturen auf dem Insektenkörper modellieren. Mithilfe von Gussformen aus Silikon entsteht ein Grundmodell aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Wie er die genauen Facetten auf den Goldkäfer bekommt, verrät Dappen nicht. Das ist sein Geheimnis. "Sonst könnte es ja jeder machen", sagt der Mönchengladbacher.

Wissenschaftliche Modellbauer wie Dappen gibt es kaum auf der Welt, deutschlandweit findet sich sogar nur eine weitere Künstlerin in Hamburg, die genau dieser Arbeit nachgeht. Sein erstes Modell, ein Hirschkäfer, hat der Künstler vom Niederrhein vor über 24 Jahren gebaut. Noch ehe er Fotos an alle Museen geschickt hatte, kaufte das Museum König in Bonn den Käfer. Mit solch einer Nachfrage hätte der ehemalige Art-Director einer Düsseldorfer Werbeagentur nicht gerechnet. Modelltiere in solcher Qualität kosten mehrere 1000 Euro. "Davon kann man sich schon einen Kleinwagen kaufen", sagt Hans Dappen. Damit sind die Werke fast ausschließlich für große Museen finanzierbar.

Mit dem Bau des Goldkäfers hat sich Dappen einen Wunsch erfüllt. Doch mit einem Auge schielt er bereits auf die nächsten Projekte: Möglicherweise erhält er bald den Auftrag, eine Kreuzspinne zu bauen. "Das Modell hat dann eine Spannbreite von 1,80 Metern", sagt Dappen und reißt die Arme auseinander. Er plant, die Spinne inklusive ihrem Netz, in dem sie eine Florfliege gefangen hält, nachzustellen. Von der Spinne will er allerdings kein Original für das Mikroskop - zumindest nicht, falls er sie selbst fangen soll.

(laha)
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