Serie Karneval Ungeschminkt (12) Gladbachs größter Verkleidungskünstler

Mönchengladbach · Wenn sich Volksbank-Chef Lothar Erbers karnevalsfein macht, erkennen ihn danach schon mal die eigenen Kinder und besten Freunde nicht mehr. Für die RP öffnet er seinen Kleiderschrank und erklärt, wie man schnell wer anders wird.

Verkleidungskünstler: Vier Mal der selbe Mann
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Es ist nicht immer leicht für Renate Erbers, in der Karnevalssession die Nerven zu behalten. Denn wenn ihr Mann Lothar sich auf einen Karnevalsabend vorbereitet, hat er eine Ruhe, die nicht immer zur Uhrzeit passt. "Dann weiß er manchmal eine halbe Stunde, bevor wir los müssen, noch nicht, als was er gehen will", erzählt sie. Das ist einerseits erstaunlich. Denn Erbers mag keine halben Sachen. Wenn er sich verkleidet, dann wird es meist raderkastendoll. Andererseits kann man sich Gelassenheit leisten, wenn man über einen Karnevalsfundus wie der Vorstandsvorsitzende der Volksbank verfügt. Er war schon alles, was der liebe Gott erlaubt und verboten hat — und kann deshalb zwischen so vielen Kostümen und Accessoires auswählen, dass mittelgroße Karnevalsläden wohl die Segel streichen müssten. Erbers hat zum Beispiel eine ganze Schublade voller Nasen. Die sind ihm besonders wichtig. Denn er weiß: "Nasen verändern ein Gesicht immens."

Die Verkleideritis hatte Erbers nicht von Geburt an; sie ergriff ihn, als er in vergleichsweise jungen Jahren Mitglied des Vorstands der Volksbank und des Präsidiums der Uehllöeker wurde. Er suchte jemanden, der ihn schminkt — und fand Siggi Goertz von den Städtischen Bühnen. Die brauchte keine halbe Stunde, um aus Erbers, der Anfang 30 war, einen uralten Mann zu machen. Sein jüngster Sohn Benedikt lief erschrocken weg, als er das Ergebnis sah. Die älteren Kinder fragten, ob der Papa denn genau so nett wäre wie immer, wenn er irgendwann wieder als normaler Papa zurückkäme. Der Präsident der KG, Hans-Paul Krüers, erkannte Erbers nicht. Andere waren sicher, Willi, Lothars Vater, vor sich zu haben.

Dieses gelungene Erstlingswerk beflügelte Erbers. Er wurde zum Stammgast bei Siggi Goertz und sagt: "Sie ist es, die aus mir so wilde Sachen gemacht hat." Das ist charmant, aber nur die halbe Wahrheit. Denn die abgedrehten Ideen, die Lust, dem Affen so richtig Zucker zu geben, der Mut, ungewöhnlichste Dinge zu kombinieren — all das kommt von Erbers selbst. Er war alles von ganz jung bis uralt, Mann, Frau und manches dazwischen. Und irgendwann hatte er auch seinen jüngsten Sohn infiziert. Zehn Jahre lang wurde er mit Benedikt zur vielbestaunten Karnevals-Kombi beim Empfang vor dem Veilchendienstagszug. Vater und Sohn waren Football-Spieler, Clowns, Tünnes und Schäl, Flieger und einiges mehr. Am eindrucksvollsten aber waren sie als Asterix und Obelix. Da blieb ein Junge auf der Hindenburgstraße stehen und sagte zu Benedikt: "Darf ich Dich mal anfassen? Ich kenne Dich ja nur aus dem Fernsehen."

Erbers beobachtet die Wirkung seiner Maskeraden genau. "Wenn sie das Gesicht nicht erkennen können, gucken die Frauen ganz genau hin, während den Männern unangenehm ist, jemanden nicht einordnen zu können und deshalb eher weggucken", erzählt Erbers.

Heute kombiniert Erbers seinen Fundus am liebsten wild, gerne auch schon mal unter Einbeziehung seines Hochzeits-Smokings, der ihm noch immer passt, oder mit Hilfe einer Hose seines Schwiegervaters. Die liebste Rolle ist ihm immer noch die des uralten Karnevalisten. Den lässt er gerne mal bei Jubiläen der Gesellschaften als vermeintliches Gründungsmitglied aufmarschieren. Dann ranzt er Bernd Gothe an: "Sei still, Du junger Hüpfer."

(RP)
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