Mönchengladbach Gotzens rät Gladbacher Bank zu Fusion

Mönchengladbach · Der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende betonte in der KFH die Chancen des Zusammengehens mit der Volksbank.

 Gestern bei der Hauptversammlung in der Kaiser-Friedrich-Halle: Der Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Gotzens und die beiden Vorstände Hans-Peter Ulepic und Heinz-Josef Born.

Gestern bei der Hauptversammlung in der Kaiser-Friedrich-Halle: Der Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Gotzens und die beiden Vorstände Hans-Peter Ulepic und Heinz-Josef Born.

Foto: Detlef Ilgner

Wer 47 Jahre an der Spitze eines Unternehmens gearbeitet hat, prägt es zwangsläufig über seine aktive Zeit hinaus. Nicht jeder tut das indes so gezielt und bewusst wie Heinz Gotzens. Der jahrzehntelange Vorstand und Aufsichtsratsvorsitzende nutzte gestern bei der Hauptversammlung in der Kaiser-Friedrich-Halle seinen allerletzten Tag im Dienste der Bank zu einer bemerkenswert unverbrämten Botschaft, die ihm offenbar wesentlich scheint. Die Gladbacher Bank tue gut daran, "zielgerichtet und mit dem Willen zum Erfolg" das Zusammengehen mit der Volksbank Mönchengladbach zu betreiben. Bei allen verständlichen Bedenken solle man die Chancen sehen und nutzen, so Gotzens in seiner Rede vor den Aktionären.

Dass bis dahin noch ein Stück Weges zurückzulegen ist, machte später der Vorstandssprecher Hans-Peter Ulepic auf Nachfragen eines Aktionärs deutlich. Wegen der unterschiedlichen Rechtsformen sei eine Fusion nicht leicht umzusetzen. "Wir führen keine Fusionsgespräche, wir sondieren im Moment auch nicht", stellte Ulepic klar, der gleichwohl betonte, dass einiges für das Zusammengehen mit der "befreundeten Bank" spräche.

Ulepic erklärte den Aktionären, dass die Bank auch bei dauerhaften Niederigzins-Politik Dividenden ausschütten und das Eigenkapital aufstocken könne. Den Betriebsergebnissen - nicht nur der Gladbacher Bank - merke man die historisch tiefen Zinsen gleichwohl an. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sei man beim Zwischenergebnis noch nicht in allen Bereichen auf Kurs. Allein das Baufinanzierungsgeschäft boomt weiter.

Klar und eindringlich wiesen Gotzens und Ulepic auf die Risiken der Zinspolitik und "europäischer Regulierungswut" hin. Worum es für die Banken bei alldem im Kern geht, machte Gotzens mit dem Blick zurück klar. Banker seien traditionell ehrbar und über jeden moralischen Zweifel erhaben gewesen: "Wir müssen das Vertrauen unserer Kunden zurückgewinnen. Wir müssen Beziehungen von Dauer schaffen. Dazu müssen wir Partner und keine Verkäufer sein", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende. Neu in den Aufsichtsrat gewählt wurde Roger Brandts, Inhaber von Fynch Hatton.

Nach dem eher wolkigen Auftritt von Rainer Calmund als Gastredner bei der letzten Hauptversammlung, setzte die Gladbacher Bank diesmal auf Substanz. Professor Paul Kirchhof, zwölf Jahre Bundesverfassungsrichter und Beinahe-Finanzminister in der ersten Merkel-Regierung, ist nicht nur für seine Gedankenschärfe, sondern auch für seine rhetorische Kunst bekannt. Und tatsächlich gelangen ihm in seinem Vortrag "Die Bürger und die Medien in einer aufgeregten Gesellschaft" einige feine Beobachtungen zum Zustand der Gesellschaft. Die prinzipielle Haltung der Empörung der Bürger - egal, ob zu Asylbewerbern oder Infrastrukturprojekten - sei wohl nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass es an wahrhaftigen Anlässen zur Sorge mangele. Die deutschen Bürger seien weder von Krieg noch von materieller Sorge bedroht. Sie brauchten gleichwohl den Adrenalinstoß, den der Ärger auslöse. Auch den mangelnden Respekt vor der Privatheit der Mitmenschen, das Bedürfnis nach vermeintlicher Nähe zu Prominenten, beschrieb Kirchhof präzise.

Es ist fraglos zutreffend und bedenkenswert, dass die Medien diese Erwartungshaltung des Publikums zunehmend bedienen. Die Analyse des Ist-Zustands der deutschen Medien und seine Vorschläge für ein gedeihlicheres Geflecht von Politikern, Bürgern und Medien gerieten Kirchhof indes nicht ganz so überzeugend. Dass Journalisten mit Köhler und Wulff ungerechtfertigterweise gleich zwei Bundespräsidenten nacheinander stürzten, danach noch die Kieler Oberbürgermeisterin (übrigens selbst Journalistin) und die ganze FDP (wegen Brüderles Altherren-Weinseligkeit), ist denn doch arg verkürzt. Kirchhof schlägt eine Teil-Entökonomisierung von Medien vor oder eine Stiftung, die Fehlleistungen einzelner Medien benennen könnte. Der potenzielle Segen dieser Ideen erschließt sich nicht unmittelbar.

(RP)
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