Mönchengladbach Hannelore Kraft besucht Flüchtlingscafé

Mönchengladbach · Es ist ein verbales Pingpong wie zwischen alten Bekannten: "Wie ist es in der Schule? Geht Deutsch?" - "Ja." - "Mathe?" - "Nein." - "Was willst du später mal werden?" - Schulterzucken. - "Vielleicht Spieler bei der Borussia?" - Nicken, Grinsen. Wenn Hannelore Kraft, SPD-Landeschefin und Ministerpräsidentin sich fern des Politbetriebs unter Menschen mischt, ist sie in ihrem Metier. So wie gestern, als sie ihre Mönchengladbacher Genossen im Landtagswahlkampf unterstützt und das Flüchtlingscafé Römerbrunnen in Rheydt besucht.

 Hannelore Kraft (mit blauem Schal) im Gespräch mit Flüchtlingen und Ehrenamtlichen, rechts von ihr Wahlkämpfer Hans-Willi Körfges mit Tony Trapp.

Hannelore Kraft (mit blauem Schal) im Gespräch mit Flüchtlingen und Ehrenamtlichen, rechts von ihr Wahlkämpfer Hans-Willi Körfges mit Tony Trapp.

Foto: Ilgner

Der Raum ist voll mit Ehrenamtlichen und geflüchteten Menschen, Stammgästen in dem Café, das an einem sozial nicht ganz einfachen Ort der Stadt liegt und dreimal die Woche öffnet. Hier gibt es Deutschkurse und eine Spielecke für Kinder, man kann Nähen lernen, sich Hilfe für einen Umzug oder bei Behördengängen organisieren. Kraft sitzt jetzt mittendrin, spricht mit Flüchtlingen und mit Ehrenamtlern wie Gudrun Gruhn, die Schwimmen lehrt, oder Sprachlehrerin Margrit Gebhardt. Ein 36-jähriger Kurde aus Syrien erklärt der Ministerpräsidentin, dass er erst in Deutschland nicht nur Deutsch, sondern auch Arabisch gelernt hat. Jetzt macht er eine Ausbildung im Gartenbau. Wie aber soll er nur die 3000 Pflanzennamen lernen?, fragt er. Alle lachen. Mit ihrer direkten Art bricht Kraft die Hemmschwelle.

Der armenische Junge, der lieber in Giesenkirchen Fußball spielt als Mathe zu pauken, hat seine Mutter neben sich. Sie lächelt stolz, als die Politikerin mit ihm plaudert. Auch die junge Frau aus Syrien, die der Kraft gegenüber am Tisch sitzt, ist mit ihrer Mutter da - und mit ihrem Vater. Der ist gelernter Aufzugbauer und in der FIM, was für den sperrigen Ausdruck "Flüchtlingsintegrationsmaßnahme" steht. Kraft wundert sich, warum der Mann zwar arbeitet, aber noch kaum Deutsch spricht. Dörte Schall, Sozialdezernentin und Parteifreundin, erklärt, dass das Programm genau darauf zielt, nämlich den geflüchteten Menschen Arbeit und Zuverdienst zu ermöglichen, bis sie anerkannt sind und erst dann das Recht auf Deutschkurse haben. Wieder was gelernt. Auch deshalb mag Kraft diese Form des Wahlkampfs. "Das Gespräch mit den Bürgern ist wichtig." Und Mönchengladbach ist für sie ohnehin ein besonderes Pflaster: Kraft ist leidenschaftlicher Borussia-Fan, "geheult wie ein Schlosshund" habe sie nach dem Pokal-Aus am Dienstag.

Unter den vielen Ehrenamtlichen, die sich engagieren und das Café überhaupt ermöglichen, ist mit Tony Trapp auch ein Pensionär, der als Jugendamts-Mitarbeiter viele Jahre die Gegend um den Römerbrunnen begleitet hat und entsprechende Erfahrungen mitbringt. Früher lebten vor allem Deutsche hier, heute liegt der Ausländeranteil bei rund 70 Prozent. "Als das Café eingerichtet wurde, wusste ich sofort, ich muss wieder ran", sagt Trapp. Zehn hauptamtliche Betreuer bei aktuell etwa 2000 Flüchtlingen in der Stadt. "Da braucht man das Ehrenamt, das ist ohne Rechenkünste klar", sagt die Ministerpräsidentin und dankt den Ehrenamtlern "für alles, was Sie da tun. Ohne Sie würde das nicht funktionieren."

(dr)
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