Mönchengladbach Hauptquartier: Das raten Experten

Mönchengladbach · Eine Idealstadt in der Großstadt? Oder ein riesiger Freizeitpark mit Ferienhäusern? Oder einfach nur Wald? Derzeit werden verschiedene Modelle diskutiert, wie das Gelände der Joint Headquarter genutzt werden kann. Tatsache ist: Bis 2014 leert sich die Militärstadt.

 Die englische Prinzessin Anne sprach bei der Abschiedsparade des Headquarters Allied Rapid Reaction Corps (HQ ARRC) in Moenchengladbach mit den Soldaten.

Die englische Prinzessin Anne sprach bei der Abschiedsparade des Headquarters Allied Rapid Reaction Corps (HQ ARRC) in Moenchengladbach mit den Soldaten.

Foto: ddp, ddp

420 Hektar, 2000 Gebäude, 36 Kilometer Straße, zahlreiche Sportplätze und ein "englischer Landschaftspark" — das ist das Gelände der Joint Headquarter (JHQ), das ab 2011 bis 2014 schrittweise frei wird. Vor 20 Jahren hätten Stadtplaner wegen dieser Chance noch vor Freude in die Hände geklatscht. Da wären sofort Ideen entwickelt worden, wie so ein Areal für Wohnen, Gewerbe und Freizeit zu nutzen ist.

Heute ist die britische Militärstadt an der Stadtgrenze Mönchengladbachs und Wegbergs fast schon ein Klotz am Bein — auch wenn die Mönchengladbacher Stadtdelegation bei der Expo Real in München erste Aufmerksamkeit bei Projektentwicklern und Investoren zu entdecken glaubt. Die Stadt und die Bundesagentur für Immobilienaufgaben (Bima) stehen unter Zugzwang: Sie müssen dringend eine Lösung finden.

Denn mit jedem Monat, der bis zur Vermarktung verstreicht, wird es schwieriger, ein leeres JHQ zu sichern und für einen Investor interessant zu machen. Jüngst haben sich Experten mit einer möglichen Nutzung beschäftigt. Das sind einige Ideen:

Wohnen Im JHQ könnte eine "Idealstadt" entstehen, eine Kleinstadt innerhalb der Großstadt. Weil Mönchengladbach aber wegen der demografischen Entwicklung eher schrumpfen wird, drängen Planer und Politiker darauf, die Zentren zu stärken und kaum neue Baugebiete in den Außenbereichen auszuweisen. Ein neuer Stadtteil am Rande Gladbachs wäre demnach kontraproduktiv. Außerdem: Das JHQ verfügt zwar zum Beispiel über Häuser, Schulen, Kirchen und Einkaufszentren. Aber alle diese Gebäude sind nicht mehr zeitgemäß. Die Modernisierung wäre mit enormen Kosten verbunden.

Umsiedlungsstandort Dies hat Professor Kunibert Wachten, der für die Stadt das Rheydter Innenstadtkonzept entwickelt hat, ins Gespräch gebracht. Sechs Dörfer müssen nach derzeitigem Stand ab 2023 dem Braunkohletagebau weichen. Für einen Teil soll die Umsiedlung ab 2016 beginnen, ein Standort wird gesucht. Wachten schlägt vor, RWE Power und die Stadt Erkelenz auf das Hauptquartier aufmerksam zu machen. Nachteil: Weder das Areal noch die dort vorhandenen Gebäude entsprechen dem heutigen Wunschbild der Umsiedler. Es müsste also kräftig investiert werden — eine Aufgabe für RWE?

Freizeit Der Investor, der jetzt bei der Expo Real auf die Stadt zugegangen ist, hat offensichtlich dies vor. Ein Großteil der Freizeitstätten, vor allem die Sportplätze, wären dafür zu nutzen. Die Nähe zu den Niederlanden und Belgien spricht für dieses Modell, weil das Einzugsgebiet entsprechend groß ist und Ferienhäuser und - wohnungen angeboten werden könnten.

Es gibt in der Nähe landschaftlich reizvolle Gebiete: Hariksee im Naturpark Schwalm-Nette, Nationaalpark de Meinweg, Seenlandschaft um den Venekotensee. Der Stadtplaner Professor Thomas Sieverts griff diese Idee in der Expertenrunde auf, sagte aber auch: Er gehe davon aus, dass die Boomzeit bei kommerziellen Freizeitanlagen erst einmal vorbei ist. Außerdem seien solche Anlagen sehr konjunkturabhängig: Geht's den Menschen wirtschaftlich gut, sind die Anlagen gefragt. In Krisenzeiten dagegen eher nicht.

Gewerbe Diese Möglichkeit spielte bei den Experten kaum eine Rolle, denn in der Region gibt es genügend Gewerbegebiete. Es müsste sich ein Investor finden, der das Gelände als Gewerbepark umgestaltet — ein sogenannter "Weißer Ritter".

Rückbau Fast alle Experten empfehlen eine Art Parkmodell: Zumindest große Teile der 470 Hektar sollten wieder der Natur überlassen werden. Der Nürnberger Landschaftsarchitekt Professor Gerd Aufmkolk schlägt diese Lösung vor. Das Gelände sei vor fast 60 Jahren für die Militärstadt sozusagen "vom Himmel gefallen" und könne auch wieder verschwinden, ohne eine Lücke zu hinterlassen, pflichtete ihm sein Kollege Prof. Sieverts bei. Allerdings: Auch ein Rückbau braucht Leitplanken — Gebäude müssten abgerissen und Betonpisten aufgebrochen werden.

(RP)
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