Mönchengladbach Hibakusha gibt es nicht nur in Japan

Mönchengladbach · Mit einer Ausstellung im Nassauer Stall will eine Gruppe von Ärzten an die Folgen von Atomkrieg und nuklearem Abfall erinnern. Auch in Deutschland sind noch Auswirkungen der Uranförderung nach dem Zweiten Weltkrieg spürbar.

Hibakusha heißen die Überlebenden der beiden Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki im Japanischen. Hibakusha nennen sich auch die Opfer der Katastrophe von Fukushima, aber ebenso viele andere: Polynesier, die von den Atomwaffentests betroffen waren, kanadische Indianer, deren Gebiet durch den Uranabbau verseucht wurde oder Uiguren, die unter den Folgen der chinesischen Atomtests leiden. Aber auch die Bergarbeiter, die in der ehemaligen DDR die drittgrößte Uranmine der Welt im Erzgebirge betrieben haben, sind Hibakusha.

Im Augenblick beherrschen zwar andere Themen die Schlagzeilen: Kriege im Nahen und Mittleren Osten, Flüchtlinge, Terror. Doch davon verschwinden andere Probleme nicht einfach. "Wir wollen ins Bewusstsein rücken, dass es neben den vielen Katastrophen auf der Welt noch immer das Thema Atomkraft gibt", erklärt Dr. Günter Rexilius von der Regionalgruppe Mönchengladbach der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs. "Deshalb haben wir die 'Hibakusha-weltweit'-Ausstellung in die Stadt geholt."

Die Wanderausstellung ist noch bis zum 25. November 2015 im Nassauer Stall in Wickrath zu sehen. Auf 50 Plakaten beschreibt sie eindrucksvoll die Verheerungen, die durch den Abbau, die Weiterverarbeitung und den Einsatz von Atombomben und Uranmunition bei Tests und im Kriegsfall und die nuklearen Abfälle weltweit angerichtet werden.

Viele der beschriebenen Orte sind weit weg: in China, in der Südsee oder im Norden Kanadas, in Australien oder in Südafrika. Aber auch in Deutschland gibt es solche Orte und folgerichtig beginnt die Ausstellung mit der Wismut-Region, der Gegend in Sachsen und Thüringen, in der zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und 1990 mehr als 250.000 Tonnen Uran gefördert wurden. Dort lag die wichtigste Uranquelle für das sowjetische Atomprogramm. Nachdem die Förderung eingestellt wurde, blieben 3700 Hektar Land zurück, die mit strahlenden Rückständen verseucht sind, dazu kommen hochgiftige Schlämme. Unter den Bergleuten weist eine Studie einen Anstieg der Lungenkrebsrate von 50 bis 70 Prozent nach. Deswegen werden sie in der Ausstellung Hibakusha genannt - wie die Opfer der Atombomben.

Die Ausstellung wurde am vergangenen Donnerstag mit einem Appell für eine atomkraftfreie Welt eröffnet. Seiji Hattori von der Initiative Sayonara Genpatsu Düsseldorf verwies dabei auf eine neue Untersuchung, die einen Zusammenhang zwischen der hohen Quote von an Schilddrüsenkrebs erkrankten Kindern in der Präfektur Fukushima und der Reaktorkatastrophe belegt. Die Ausstellung ist wochentags von 17 bis 20 Uhr, am Wochenende von 15 von 20 Uhr geöffnet. Am 25. November endet sie mit einer Finissage. Dann wird um 18 Uhr der aktuelle Film "The House of the Rising Sun" des japanischen Regisseurs Takafumi Ota gezeigt. In dem Werk werden die Folgen einer nuklearen Katastrophe für das Leben einer Familie in einer japanischen Kleinstadt dargestellt.

(RP)
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