Nur geringe Beeinträchtigungen Hochwasser: Deshalb blieb Mönchengladbach verschont

Mönchengladbach · Mehr als 20 Liter pro Quadratmeter in 15 Minuten: So viel Regen fiel am Montag in Hardt, Hamern und Venn. Trotz des Starkregens erlebte die Stadt keine böse Überraschung. Das liegt auch daran, dass das Hochwassermanagement gut ist.

 Nach starken Regenfällen sah es am Bungtbach schon mehrere Male so aus. Früher hatte das Wasser keinen Platz und lief unter anderem in Keller. Die Renaturierung ist ein Vorzeigeprojekt.

Nach starken Regenfällen sah es am Bungtbach schon mehrere Male so aus. Früher hatte das Wasser keinen Platz und lief unter anderem in Keller. Die Renaturierung ist ein Vorzeigeprojekt.

Foto: NEW

Straßen verwandelten sich in reißende Bäche. Bäume fielen um, eine Tiefgarage wurde zu einem Riesensee. Ein junger Mann schwamm mit einer Luftmatratze durch die Innenstadt. Und es gab zwei Tote. Am Wochenanfang herrschte Ausnahmezustand in Münster. Innerhalb von nur drei Stunden gingen am Montag in der westfälischen Stadt 90 Liter Regen pro Quadratmeter nieder.

Mönchengladbach blieb von diesen starken Niederschlägen verschont: In Hardt, Hamern und Venn fielen am Montag 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter - diese Regenmassen kamen in nur einer Viertelstunde herunter. Zum Vergleich: Normal sind im Jahr in Gladbach rund 700 Liter Regen pro Quadratmeter - also 60 Liter pro Monat. Die halbe Monatsmenge wurde in 15 Minuten erreicht.

Trotzdem waren die Folgen überschaubar. In der berüchtigten "Kuhle" der Waldnieler Straße sammelte sich wieder das Wasser - für einige Stunden musste die Straße gesperrt werden, damit es versickern konnte. Dazu gab es mehrere überfüllte Keller und umgestürzte Bäume - unangenehm für die Betroffenen, aber bei Starkregen eher normales Geschäft für die Feuerwehr. Mehr als 20 wetterbedingte Einsätze meldete sie in den vergangenen Tagen. Im Gegensatz zum 29. Mai 2008, als in Gladbach mehr als 60 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde fielen und große Teile der Stadt lahmgelegt waren, war das eher Kleinkram.

Dieses Ereignis vor sechs Jahren hat dazu geführt, dass die Stadt - und da vor allem NEW und Niersverband - ihr ganzes Hochwassersystem überprüft und teilweise auf den Kopf gestellt haben. Seitdem ist viel passiert, was schlimmere Auswüchse verhindert. Obwohl: "Gegen einen sogenannten Jahrhundertregen wie jetzt in Münster ist gar nichts zu machen. Mit diesen Niederschlagsmengen wird kein Netz der Welt fertig", sagt Armin Marx, Prokurist und Hauptabteilungsleiter Abwasser und Bau bei der NEW.

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Dass sich so viel zum Positiven veränderte, hat viel damit zu tun, dass NEW und Niersverband gezielt Hochwassermanagement betreiben und dafür auch Experten beschäftigen. Wichtig war die endgültige Fertigstellung und vollständige Inbetriebnahme des Mischwassersammlers Dahl-Hamern-Neuwerk. Mit Millionenaufwand hat die NEW dieses Projekt zielgerichtet vorangetrieben: Zuletzt wurden mehrere kleinere Sammler angeschlossen. Der Großkanal hat ein Gesamtspeichervolumen von rund 65 000 Kubikmeter, es gibt außerdem eine Abflusssteuerung über Staubauwerke. Die NEW hat allein im Vorjahr rund 9,6 Millionen Euro in Abwasser- und Sonderbauwerke investiert.

Im Bau ist das Regenrückhaltebecken Wyenhütte, das 5,6 Millionen Euro kostet und bis Ende des Jahres fertig sein soll. Und auch die Arbeiten am größten Bauprojekt, dessen erste Planungen fast 30 Jahre zurückreichen, schreiten voran: Anfang 2013 begann der Bau des Regenrückhaltebeckens Geneicken auf einem 23 Hektar großen Areal. In drei Jahren soll hier ein Becken entstehen, um die Niers bei starken Regenfällen zu entlasten. Rund 200 000 Kubikmeter beträgt das angepeilte Stauvolumen des 15 Millionen Euro teuren Projekts.

Dazu kommt ein auch aus ökologischer Sicht interessantes Projekt: die Renaturierung des Bungtbachs. Mit dem Vorzeigevorhaben schaffen es NEW und Niersverband, ein Stauvolumen entstehen zu lassen, das dem von 15 Regenrückhaltebecken, die - würden sie gebaut werden müssen - rund 150 Millionen Euro kosten. Der Masterplan Niers, den NEW und Niersverband beschlossen haben und der bis ins Jahr 2027 läuft, sieht dagegen "nur" Kosten von rund 40 Millionen Euro vor: Der schnurgerade durch den Volksgarten fließende Bungtbach wird durch die in drei Bauabschnitten vollzogene Renaturierung zu einem Fluss, der sich durch eine Auenlandschaft schlängelt. Beim Masterplan konzentriert sich der Niersverband auf die Veränderungen der Niers, die NEW ist für die Nebenflüsse Bungtbach, Gladbach, Papierbach, Bottbach, die Alte Niers, Trietbach, Neersbroicher Graben und den Rheydter Bach zuständig.

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Die Erfolge sind - vor allem bei Starkregen - sichtbar. Das Wasser hat Platz, es kommt nicht mehr zu den Rückstau-Überschwemmungen und vollgelaufenen Keller. Dafür verändert sich der Bungtbach: Das Flüsschen wird innerhalb kurzer Zeit zu einem breiten "See". Und das mag auch die Tierwelt. Jüngst haben Gänse den neuen Bungtbach in Besitz genommen und fühlen sich hier heimisch.

(RP)
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