Serie 100 Jahre Erster Weltkrieg (8) Holzschuhe aus Wickrather Pappeln

Mönchengladbach · Im Ersten Weltkrieg wurden nicht nur schon nach kurzer Zeit die Lebensmittel knapp. Auch bei der Versorgung mit Schuhen und Kleidung gab es bald Probleme. Metall wurde ebenfalls rasch zur Mangelware – viele Kirchturmglocken wurden eingeschmolzen.

 Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Foto: Stadtarchiv

Im Ersten Weltkrieg wurden nicht nur schon nach kurzer Zeit die Lebensmittel knapp. Auch bei der Versorgung mit Schuhen und Kleidung gab es bald Probleme. Metall wurde ebenfalls rasch zur Mangelware — viele Kirchturmglocken wurden eingeschmolzen.

 Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Foto: Stadtarchiv

Der Winter 1916/17 ist als Steckrübenwinter in die Geschichte eingegangen. Die Seeblockade der Briten wirkte und verhinderte, dass Lebensmittel nach Deutschland eingeführt werden konnten. Der verregnete Herbst 1916 tat ein Übriges: er hatte die Kartoffeln faulen lassen. Außerdem meldet der Bericht der Stadt Rheydt, dass es an Saatgut fehlte. Die Steckrübe wurde für viele zum wichtigsten Nahrungsmittel. 736 Rheydter Kinder wurden 1917 aufs Land geschickt, um dem Hunger zu entgehen.

 Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Foto: Stadtarchiv

Die Städte taten, was sie konnten, um die Versorgungslage zu verbessern. In Rheydt wird bereits 1915 eine städtische Bienen- Küken- und Kaninchenzucht eingerichtet. Außerdem wird eine Dörr- und Trockenanlage für Obst betrieben. An den Bahndämmen entlang werden Sonnenblumen ausgesät, um Pflanzenöl zu gewinnen.

 Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Szenen der Knappheit im Ersten Weltkrieg: Links das Bild einer Kohlenausgabe im Hof des Hauses Bolten (1949), daneben wird eine Glocke aus der Kirche St. Josef an der Keplerstraße zum Einschmelzen abgeholt (1916). Lebensmittelausgabe an die Kriegsunterstützten durch das Städtische Hilfsamt (2.v.r.) und rechts eine Aufnahme aus einem Mönchengladbacher Lebensmittellager (um 1916).

Foto: Stadtarchiv

Aber nicht nur das Essen wird knapp. Der Mangel ergreift alle Lebensbereiche. Die Gladbacher Webereien haben schon im Oktober 1914 begonnen, Ausrüstungsgegenstände für das Militär wie Decken, Zeltbahnen und Brotbeutel herzustellen. An Kleidung und Schuhe für die Zivilbevölkerung wird anscheinend weniger gedacht. Deshalb sieht sich die Stadt Rheydt gezwungen, "Kriegsnähstuben" einzurichten, in denen die jungen Frauen nähen lernen sollten. Auch eine Schuhbesohlanstalt wird eröffnet. In Wickrath werden Schuhanfertigungskurse angeboten, in denen Mädchen lernen, aus Leder- oder Teppichresten Schuhe herzustellen. Pappeln werden gefällt, um daraus Holzschuhe herstellen zu können. Die Schulkinder werden nicht nur zum Sammeln von Kräutern und Wurzeln in den Wald geschickt, sie sollen auch Brennnesselstängel mitbringen, aus denen Textilfasern hergestellt werden. Rheydter Schüler und Arbeitslose sammeln 1916 insgesamt 475 Kilogramm Brennnesselstängel.

Die Sammelwut macht vor nichts halt: Die Deutsche Frauenhaar-Sammlung will ausgekämmte Haare, um daraus Treibriemen, Filzplatten und Isoliermaterial herstellen zu lassen. In den Metzgereien werden Fettfänger in der Kanalisation installiert. 600 Kilo Schlammfett hat die Stadt Rheydt zur industriellen Verwendung in einem Jahr abgeliefert.

Auch Brennstoffe sollten gespart werden. Kochkisten werden verwendet, um das Essen ohne weitere Hitzezufuhr weitergaren zu lassen. Tannenzapfen werden gesammelt und als Brennmaterial eingesetzt. Zwei Tonnen der Zapfen entsprächen einer Tonne deutscher Steinkohle, behauptet der Kriegsausschuss für Sammel- und Helferdienste kühn.

Und Metall wird knapp. Den Glocken geht es in vielen Kirchen in Gladbach und Rheydt an den Kragen. So werden 1917 die drei alten Bronzeglocken der evangelischen Christuskirche in Mönchengladbach abgeliefert und eingeschmolzen. Noch augenfälliger ist der Verlust, der das Gladbacher Münster trifft. Der Turm, der im Laufe der Jahrhunderte aufgestockt und mit Kupferplatten gedeckt worden war, musste seine Bedachung abgeben. Später wurde der Turm auf seine Ursprungshöhe zurückgebaut und überragt jetzt nicht mehr die anderen Gebäude der Stadt.

Unbeschadet überstand dagegen der Wasserturm die Kriegszeit, obwohl auch er ein Kupferdach hat. Genauer gesagt: Der Turm war mit 6500 Kilogramm Kupfer gedeckt, was Begehrlichkeiten weckte. Die Kriegsrohstoffabteilung des preußischen Kriegsministeriums forderte die Stadt Mönchengladbach mehrfach auf, das Kupfer abzuliefern, aber die Stadt saß das Ganze anscheinend aus. Jedenfalls endete der Erste Weltkrieg, bevor der Turm abgedeckt werden konnte.

(arie)
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