Mönchengladbach Hubert Schüler - die Leidenschaft eines Paramentenstickers

Mönchengladbach · "Die ist ja viel zu schade, um damit rauszugehen", sagt Felix Heinrichs zu einer der restaurierten Fahnen, die bei Paramentensticker Hubert Schüler im Keller ausliegen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende war jetzt mit der Bundestagsabgeordneten Gülistan Yüksel, dem Landtagsabgeordnetem Hans-Willi Körfges und Tobias Paszek zu Besuch in Hockstein bei Hubert Schüler. Dieser antwortet allerdings prompt: "Die ist nicht zu schade, die muss raus. Man muss eben nur richtig damit umgehen."

Hubert Schüler ist einer der letzten beiden Paramentensticker in Deutschland, und einer der letzten vier in Europa. Paramentenstickerei bezeichnet die Handarbeit, ja eigentlich eher die Kunst, bei der Messgewänder und Mitren mit aufwändigen Stickerei-Kunstwerken versehen werden. Dabei entwirft er nicht nur eigene neue Motive, sondern restauriert und veredelt auch. Über ein halbes Jahrhundert, ganze 56 Jahre, stickt der gelernte Konditor schon, bereits seit längerem hat er einen anerkannten Ruf: Prominente Priester und kirchliche Persönlichkeiten trugen schon seine Gewänder und Stickereien. Im Jahr 2000 überreichte er persönlich in Rom eine von ihm bestickte Mitra an Papst Johannes Paul II.. Allein an dieser Mitra hatte Schüler eineinhalb Jahre lang gestickt.

Zwei Zimmer im hübschen Haus in Hockstein sind der Stickerei gewidmet: ein kleines Stickzimmer und der Ausstellungsraum im Keller. Im Stickzimmer berichten zahlreiche Bilder über die gefertigten Gewänder und die vielen bekannten Besucher. Trotz allem ist Hubert Schüler bodenständig geblieben, und er hört noch lange nicht auf, zu sticken. An einer Fahne zeigt er seinen Besuchern seine Arbeit und erklärt einiges zu Garn, Sticktechnik und Untergrund. In jedem Werk, das Hubert Schüler gefertigt hat, kann man die Leidenschaft spüren, mit der er dahinter steht. Er erinnert sich an jedes Stück, kann zu jedem Gewand eine Geschichte erzählen. Er selbst sagt, was er da macht, sei eine Passion. Und wenn man erfährt, dass Hubert Schüler, der keine Schneiderausbildung oder Ähnliches absolviert hat, an seinen Werken mehrere Jahre sitzt, kann man sich vorstellen, wie viel Leidenschaft dahinter stecken muss. Dabei sind seine Symbole auf den Gewändern nicht nur christlich, sondern in der Regel übertragbar auf alle Religionen. Er selbst ist seit 40 Jahren im Dienst der Kirche und setzt sich seit 66 Jahren für die Legende vom heiligen Bischof Nikolaus von Myra ein, indem er sich unter anderem als historischer Nikolaus verkleidet und durch Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser zieht. Bei dieser Gelegenheit sammelt er auch für krebskranke Kinder.

Gerade wer den Vergleich zwischen einer alten und einer restaurierten Fahne gesehen hat, dem wird bewusster, wie schade es ist, dass in diesem Handwerk die Nachfolger fehlen. "Die jungen Leute wollen direkt Fortschritte und Erfolge sehen", erzählt Schüler. Und die heutigen Fabrikstickereien sind nicht nur wesentlich schneller fertig, sie sind auch um einiges günstiger - dafür aber auch nicht so detailliert.

Vielleicht kommt der Nachwuchs, wenn diese aussterbende Handarbeit einer breiteren Masse vorgestellt wird. Gemeinsam mit den Mönchengladbacher Politikern kam die Idee zu einer Ausstellung mit Vorträgen auf. Dann bleibt nur noch zu wünschen, dass - falls Nachwuchs zustande kommen sollte - dieser dieselbe Leidenschaft und Begeisterung mitbringt, die Hubert Schüler ausstrahlt.

(RP)
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